Beleidigung-A

Zum vollständigen Gesetzestext gelangen Sie durch Anklicken des Bildes, das teilweise den Gesetzeswortlaut der Beleidigung wiedergibt. Rechtsanwalt und Strafverteidiger Dr. Dirk Bachmann aus Hamburg vertritt Sie im Strafrecht bei Beleidigung und anderen Delikten.

Auf dieser Seite finden Sie Entscheidungen zum Thema Beleidigung.

Hinweise zur Beleidigung:
Eine Beleidigung ist eine Straftat, die nur auf Antrag des Verletzten von der Staatsanwaltschaft verfolgt wird. Jede Beleidigung setzt voraus, dass eine Äußerung einen ehrverletzenden Inhalt hat. Die aufgeführten Entscheidungen zum Thema Beleidigung zeigen, dass ein Angeklagter gut beraten ist, einen Rechtsanwalt für Strafrecht beim Vorwurf einer Beleidigung einzuschalten. Die Grenze, ab wann eine strafbare Beleidigung vorliegt, ist häufig nicht einfach zu definieren. Insbesondere das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung spielt bei Beleidigungen eine große Rolle.

 

Beleidigung als Schmalspurjuristin
Amtsgericht Limburg (25.03.2015)

Beleidigung eines Polizeibeamten
OLG München 5 OLG 13 Ss 535/14 (06.11.2014)

Beleidigung eines Richters ist ein Bagatelldelikt
OLG Naumburg 2 Rv 88/14 (17.06.2014)

Beleidigung „ACAB“ auf T-Shirt bei Oktoberfest
OLG Nürnberg 1 St OLG Ss 211/12 (01.10.2012)

Beleidigung „ACAB“ auf Banner im Fußballstadion
OLG Karlsruhe 1 (8) Ss 64/12 (19.07.2012)

Beleidigung von Polizeibeamten
OLG Frankfurt am Main 2 Ss 329/11 (20.03.2012)


Beleidigung als Schmalspurjuristin
Amtsgericht Limburg vom 25.03.2015

Das Amtsgericht Limburg verurteilte einen Rechtsanwalt wegen Beleidung zu einer Geldstrafe. Der Rechtsanwalt hatte eine Amtsanwältin als „Schmalspurjuristin“ bezeichnet, die nicht in der Lage sei, auf der Klaviatur des Rechts „Hänschen klein“ zu spielen. Auslöser für die Äußerung des Rechtsanwalts war, dass er einen LKW-Fahrer wegen Unfallflucht angezeigt hatte. Dieses Verfahren wurde von der Amtsanwältin eingestellt. Anlässlich dieser Einstellung des Verfahrens kam es zur Äußerung „Schmalspurjuristin“. Der Leiter der Staatsanwaltschaft zeigte den Rechtsanwalt an.

Amtsanwälte absolvieren die Ausbildung als Rechtspfleger und eine Zusatzausbildung. Anders als Rechtsanwälte, Richter und Staatsanwälte haben sie kein Jura-Studium erfolgreich abgeschlossen.

Bei der Grenze zwischen Beleidigung und berechtigter Kritik ist immer das Grundrecht der Meinungsfreiheit zu berücksichtigen. Eine strafbare Beleidigung liegt demnach nur vor, wenn die Grenze zur Schmähkritik überschritten wird. Bei Schmähkritik liegt keine Auseinandersetzung in der Sache mehr vor, sondern es geht nur noch um die Diffamierung der Person. Dabei stellen auch polemische und überspitze Äußerungen keine Beleidigungen dar. Das Gericht war offenbar der Auffassung, dass diese Schwelle überschritten war und deswegen eine strafbare Beleidigung vorlag.

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Beleidigung eines Polizeibeamten
OLG München 5 OLG 13 Ss 535/14 (06.11.2014)

Der Angeklagte hatte in einer Bar Alkohol getrunken, sein Atemalkoholwert betrug 2,3 Promille. Ein anderer Gast hatte Getränke auf die Rechnung des Angeklagten setzen lassen. Deswegen geriet der Angeklagte in Streit mit dem Wirt. Der herbeigerufenen Polizei gab der Angeklagte seinen Reisepass. Da sich der Angeklagte erst kurze Zeit zuvor umgemeldet hatte, dauerte es etwas länger, bis festgestellt werden konnte, dass die Angaben des Angeklagten zu seinen Personalien richtig sind. Zu der Polizeibeamtin sagte der Angeklagte: „You are completely crazy.“

Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten wegen Beleidigung. Das Oberlandesgericht (OLG) München, das über die Revision zu entscheiden hatte, hob das Urteil auf. Nach Auffassung des OLG hatte sich der Angeklagte nicht wegen Beleidigung strafbar gemacht, da sein Verhalten gemäß § 193 StGB nicht rechtswidrig war. Bei § 193 StGB („Wahrnehmung berechtigter Interessen“) handelt es sich um einen speziellen Rechtfertigungsgrund. Insbesondere war hier auch das Grundrecht des Angeklagten, seine Meinung frei zu äußern (Artikel 5 Grundgesetz), zu berücksichtigen.

Es gehört zum Kernbereich dieses Grundrechts, seine Meinung frei zu äußern, wenn es um staatliche Vorgehensweisen, Einrichtungen oder Bedienstete geht. Nicht erlaubt ist jedoch die Äußerung von Schmähkritik. Bei Schmähkritik handelt es sich um Äußerungen, bei denen die Diffamierung einer anderen Person im Vordergrund steht. Dies war hier nicht der Fall, weil sich die Äußerungen des Angeklagten mehr auf die Sache als auf die Person bezogen. Die Überprüfung der Personalien zog sich über einen längeren Zeitraum hin und er wurde zuvor zu Unrecht verdächtigt, falsche Personalien angegeben zu haben. Seine Äußerung ist nicht so zu verstehen, dass er die Polizeibeamtin meinte, sondern die Polizei als Institution. Sein Verhalten war nicht als Beleidigung strafbar, weil er das Recht hat, die öffentliche Gewalt auch mit drastischen Worten zu kritisieren.

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Beleidigung eines Richters ist ein Bagatelldelikt
OLG Naumburg 2 Rv 88/14 (17.06.2014)

Die Verfahrenssituation in diesem Fall ist etwas kompliziert: Ein Angeklagter hielt den gegen ihn erhobenen Vorwurf der Anklage für ungerechtfertigt. Damit lag der Angeklagte wohl auch nicht ganz falsch. Der Angeklagte „tobte“ im Strafverfahren vor dem Schöffengericht. Während die Anklageschrift verlesen wurde, äußerste er sinngemäß, dass der Staatsanwalt aufhören solle, solch einen Mist zu verbreiten, andernfalls würde er ihn schlagen oder „in die Fresse hauen“. Daraufhin rief der Richter den Angeklagten zur Ordnung. Daraufhin äußerte sich der Angeklagte gegenüber dem Gericht: „ Hört auf, einen derartigen Mist zu verbreiten! Bei Kindern hört bei mir der Spaß auf!“ Dabei duzte er das Gericht und machte Gesten, die als Ankündigung möglicher Anwendung von Gewalt gegen das Gericht verstanden werden konnten.

Wegen dieser Äußerung gab es ein weiteres Verfahren gegen den Angeklagten. Die Anklage wurde beim Schöffengericht angeklagt. Gegen das Urteil legte der Angeklagte Revision ein und hatte Erfolg, weil der Strafrichter und nicht das Schöffengericht für dieses Verfahren zuständig gewesen wäre. Damit wurde er seinem gesetzlichen Richter entzogen. Bei der Festlegung des zuständigen Gerichtes ist hier die zu erwartende Strafe relevant. Das Schöffengericht wäre nur zuständig gewesen, wenn eine Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren zu erwarten gewesen wäre. Dies war hier offensichtlich nicht der Fall. Die Beleidigung eines Richters hat keine höhere Bedeutung als die Beleidigung eines beliebigen anderen Menschen. Daher ist auch die Beleidigung eines Richters als Bagatelldelikt einzustufen. Zu verhandeln ist ein entsprechendes Verfahren daher vor dem Strafrichter und nicht vor dem Schöffengericht.

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Beleidigung „ACAB“ auf T-Shirt bei Oktoberfest
OLG Nürnberg 1 St OLG Ss 211/12 (01.10.2012)

Der Angeklagte trug auf dem Volksfestplatz ein T-Shirt, auf dem der Aufdruck „ACAB“ (Abkürzung für „all cops are bastards“) deutlich zu erkennen war und von sieben Polizeibeamten wahrgenommen wurde. Das Amtsgericht verurteilte ihn wegen Beleidigung in sieben tateinheitlichen Fällen. Das Landgericht sprach den Angeklagten vom Vorwurf der Beleidigung frei, weil es in diesem Verhalten keine tatbestandsmäßige Beleidigung sah. Die von der Staatsanwaltschaft eingelegte Revision hat keinen Erfolg. Der Angeklagte hat sich nicht wegen Beleidigung strafbar gemacht.

Es liegt nur eine straflose Kollektivbeleidigung vor. Diese Form der Beleidigung ist aber nicht strafbar, weil sie eben nur das Kollektiv bezeichnet, nicht aber eine überschaubare Anzahl von Mitgliedern dieser Gesamtheit. Das Kollektiv (die Gesamtheit der deutschen Polizeibeamten) ist jedoch nicht von der Beleidigung erfasst, weil sich eine Beleidigung immer auf eine einzelne Person beziehen beziehungsweise zurückführen lassen muss. Hier ist auch nicht ersichtlich, dass gerade die Polizeibeamten beleidigt werden sollten, die auf dem Volksfest waren.

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Beleidigung „ACAB“ auf Banner im Fußballstadion
OLG Karlsruhe 1 (8) Ss 64/12 (19.07.2012)

Der Angeklagte hielt im Fußballstadion anlässlich eines Bundesligaspiels gemeinsam mit anderen Personen ein Banner mit der Aufschrift „ACAB“ hoch, um seine Missachtung gegenüber dem im Stadion anwesenden Polizeibeamten auszudrücken. Die Abkürzung „ACAB“ steht für „all cops are bastards“.

Das Amtsgericht als erste Instanz sprach den Angeklagten vom Vorwurf der Beleidigung frei. Auch das Landgericht Karlsruhe sprach den Angeklagten in der Berufung frei. Das Oberlandesgericht Karlsruhe beanstandete, dass das Urteil nicht die als erwiesen festgestellten Tatsachen hinreichend darstelle und hob das Urteil auf und verwies es zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Karlsruhe zurück.

Das Oberlandesgericht wies darauf hin, dass der Beleidigung gemäß § 185 StGB das Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Artikel 5 Abs. 1 I GG beachtet werden müsse. Entscheidend sei, ob die Bezeichnung eines Kollektivs gemeint ist, die nicht auf die Ehre der einzelnen Angehörigen der Gruppe durchschlage. Andererseits könne aber auch gerade eine geringe Gruppe von Personen aus dem Kollektiv angesprochen sein, so dass eine Beleidigung möglich ist. Die Abkürzung „ACAB“ hat grundsätzlich beleidigenden Charakter. Hier liegt es nahe, die Bezeichnung auf die Polizeibeamten zu beziehen, die beim Spiel anwesend waren, so dass eine Beleidigung vorgelegen haben könnte. Diese Bezeichnung steht in keinem Zusammenhang zur Tätigkeit der Polizei. Anders sieht es mit einem solchen Zusammenhang in diesem Zeitraum beispielsweise aus, wenn die Polizeibeamten bei Demonstrationen gegen „Stuttgart21“ als „Schlägertrupps“ bezeichnet werden.

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Beleidigung von Polizeibeamten
OLG Frankfurt am Main 2 Ss 329/11 (20.03.2012)

Der Angeklagte wurde im Zug von Beamten der Bundespolizei angesprochen und gebeten, sich auszuweisen. Die Beamten waren angehalten, wegen Anschlagsdrohungen ihr Augenmerk auf Personen anderer Hautfarbe zu richten. Der Angeklagte reagierte aggressiv auf die Beamten. Als einer der Beamten an den Rucksack des Angeklagten griff, äußerte dieser, dass ihn dies an etwas erinnere. Auf Nachfrage gab er an, dass es ihn an Methoden der SS erinnere. Der Angeklagte verneinte die Frage des Beamten, ob er ihn beleidigen wolle. Der Beamte sagte: „Dann sagen Sie doch, dass ich ein Nazi bin“, der Angeklagte entgegnete darauf: „Nein, das sage ich nicht“.

Das Amtsgericht Kassel hatte den Angeklagten wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Angeklagte legte Sprungrevision ein. Bei einer Sprungrevision wird die Instanz der Berufung beim Landgericht übersprungen und das Verfahren gelangt direkt zum Oberlandesgericht.

Das Oberlandesgericht hob das Urteil des Amtsgerichts auf und sprach den Angeklagten frei, da er sich nicht wegen Beleidigung strafbar gemacht hat.

Der Tatbestand der Beleidigung ist erfüllt. Eine Beleidigung setzt voraus, dass ein Angriff auf die Ehre einer Person vorliegt. Dabei ist nicht der Wortlaut entscheidend, sondern der Sinngehalt der Äußerung. Hier wurde das Verhalten mit Methoden im NS-Staat verglichen und das Verhalten dadurch mit dem Verhalten von SS-Angehörigen verglichen.

Die Beleidigung ist jedoch gemäß § 193 StGB (einem speziellen Rechtfertigungsgrund, der auch bei Beleidigungen eingreifen kann) gerechtfertigt. Das ergibt sich aus einer Abwägung des Ehrschutzes mit dem Grundrecht der Meinungsfreiheit. Auch starke und sinnfällige Schlagworte können von der Meinungsfreiheit gedeckt sein. Entscheidend ist auch, ob sich die Äußerung gegen die Beamten persönlich oder gegen die Maßnahme richtet. Soweit es um die Sache geht, hat der Ehrschutz eine geringere Bedeutung. Für das Recht auf freie Meinungsäußerung ist es ohne Bedeutung, ob die Kontrolle der Beamten rechtmäßig war. Der Angeklagte durfte sich nach Auffassung des Gerichts in dieser Form äußern. Es fühlte sich wegen seiner dunklen Hautfarbe diskriminiert. Eine persönliche Beleidigung der Beamten hat er ausdrücklich verneint.

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