Diebstahl-A

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Hinweise zum Diebstahl:Diebstahl
Diebstahl ist eine Straftat, die sich gegen fremdes Eigentum richtet. Einige Straftaten sind dem Diebstahl recht ähnlich (Unterschlagung, Raub). Weiterhin gibt es beim Diebstahl eine Vielzahl besonders schwerer Fälle (Einbruchsdiebstahl, Diebstahl mit Waffen) und weiterer Qualifikationen (Wohnungseinbruchsdiebstahl, Bandendiebstahl). Auch in jedem Raub ist zugleich ein Diebstahl enthalten. Da ein Raub mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bestraft wird, ist die Abgrenzung zum Diebstahl besonders wichtig. Wie aus den einzelnen Entscheidungen ersichtlich ist, können bereits kleine Details eine unterschiedliche juristische Bewertung und damit eine erhebliche Veränderung der zu erwartenden Strafe bewirken. Es daher sehr ratsam, einen auf das Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalt bei einer Beschuldigung wegen Diebstahls einzuschalten.

 

Räuberischer Diebstahl
BGH 3 StR 112/14 (04.08.2015)

Ingebrauchnahme eines Fahrzeugs
BGH 2 StR 73/14 (24.06.2014)

Bandendiebstahl mit unbekannten Bandenmitgliedern
BGH 4 StR 408/13 (22.10.2013)

Beihilfe beim Einbruchsdiebstahl
BGH 2 StR 586/12 (13.03.2013)

Abgrenzung zwischen Diebstahl und Betrug beim „Schwarztanken“
BGH 4 StR 632/11 (10.01.2012)

Diebstahl als Bandentat außerhalb der Bandenabrede
BGH 3 StR 432/10 (01.02.2011)

Diebstahl (Zueignungsabsicht) bei sofortiger Vernichtung der Beute
BGH 4 StR 502/10 (27.01.2011)

Diebstahl aus einem verschlossenen Behältnis
BGH 2 StR 385/10 (05.08.2010)

Pflichtverteidiger für einen Jugendlichen bei Anklage wegen Diebstahls
Landgericht Bremen 15 Qs 329/03 (22.10.2003)

Diebstahl bei Ware mit Sicherungsetikett
OLG Düsseldorf 2 Ss 347/97 (05.12.1997)

Diebstahl bei Sachentziehung
OLG Köln 93 Ss 226/97 (06.05.1997)

Räuberischer Diebstahl
BGH 3 StR 112/14 (04.08.2015)

Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls, Diebstahls in zwei Fällen und versuchten Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe. Gegen das Urteil legte er Revision ein. Diese hatte keinen Erfolg.

Der Angeklagte hatte gemeinsam mit drei anderen Personen nachts Geld (etwa 75.000 Euro) aus einem Geldautomaten in einer Bank entwendet. Sie flüchteten mit einem Auto, in dem sich auch die Beute befand. Die Polizei hatte die Begehung der Tat beobachtet.

Etwa eine halbe Stunde nach der Tat stoppte die Polizei den Angeklagten circa 35 Kilometer entfernt vom Tatort. Polizeibeamte, die Sturmhauben trugen und die Schusswaffen gezogen hatte, umstellten das Fahrzeug. Der Angeklagte und der anderen Beschuldigte, der am Steuer saß, verständigten sich darauf, dass sie einen Fluchtversuch unternehmen wollten, um im Besitz der Beute zu bleiben. Hierzu fuhr der Fahrer auf einen der Beamten zu, wobei dieser am Knie verletzt wurde.

Der Angeklagte hatte zweifelsfrei einen Diebstahl am Geld begangen. In § 252 StGB ist der räuberische Diebstahl geregelt. Dieser ist gegeben, wenn der Täter nach einem Diebstahl Gewalt anwendet, um den Besitz an der Beute zu behalten („Beutesicherungsabsicht“). Weiterhin muss der Täter auf frischer Tat angetroffen worden sein.

Da der Diebstahl von den Observationskräften beobachtet wurde, liegt ein Antreffen auf frischer Tat vor. Der Wortlaut des räuberischen Diebstahls setzt nicht voraus, dass die Gewalt gegen die Person angewendet werden muss, die den Täter beim Diebstahl angetroffen hat. Es reicht, wenn Antreffen und Gewaltanwendung Bezug zueinander haben. Dafür kann es ausreichen, wenn die Gewaltanwendung gegen eine andere Person erfolgt, wenn sich dieser Vorgang unmittelbar an das Antreffen auf frischer Tat anschließt. Es muss ein enger räumlicher und zeitlicher Zusammenhang vorliegen und es darf zwischendurch kein großer Einschnitt im Geschehen sein. Alle diese Voraussetzungen waren hier erfüllt.

Das Gericht geht auch davon aus, dass der Angeklagte aufgrund der Art, wie er von der Polizei gestoppt wurde, wusste, dass die Tat beobachtet wurde, dass er also auf frischer Tat beim Diebstahl angetroffen wurde.

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Ingebrauchnahme eines Fahrzeugs
BGH 2 StR 73/14 vom 24.06.2014

In den meisten Fällen ist es straflos, eine fremde Sache für den Gebrauch an sich zu nehmen, wenn man die Absicht hat, sie dem Berechtigten wieder zurückzugeben. Ein Diebstahl dagegen setzt voraus, dass der Täter vorhat, die Sache dem Berechtigten dauerhaft zu entziehen.

Bei einigen Gegenständen, beispielsweise bei Kraftfahrzeugen, ist schon die „Gebrauchsanmaßung“, also die Wegnahme zum kurzfristigen Gebrauch, strafbar, wenn sie unberechtigt erfolgt. Hierum ging es in einem Fall des Bundesgerichtshofes.

Der Angeklagte mietete ein Fahrzeug. Nach Ablauf der Mietdauer brachte er es nicht zurück, sondern ließ es über einen Monat stehen und nutze es, um darin zu übernachten. Dann fuhr er das Auto zur Autovermietung zurück.

Das Landgericht verurteilte ihn wegen des unbefugten Gebrauches eines Kraftfahrzeuges (§ 248b StGB). Hiergegen legte er erfolgreich Revision ein. Der Bundesgerichtshof entschied, dass weder in der Nutzung zur Übernachtung noch in der Rückfahrt zum Vermieter eine strafbare Handlung liegt.

Der § 248b StGB setzt voraus, dass das Fahrzeug entsprechend seiner Zweckbestimmung, also der Fortbewegung genutzt wird. Daher ist ein bloßes Anlassen des Motors noch nicht strafbar. Gleiches gilt dann ebenso für die bloße Nutzung zur Übernachtung.

Auch die Rückfahrt zum Vermieter ist nach dieser Vorschrift nicht strafbar. Der Tatbestand setzt voraus, dass die Nutzung „gegen den Willen“ des Berechtigten erfolgt. Bei der Rückfahrt zum Vermieter liegt der Sinn der Benutzung in der Wiedereinräumung der Verfügungsgewalt für den Vermieter. Daher ist regelmäßig nicht davon auszugehen, dass sie gegen dessen Willen erfolgt. Der § 248b StGB setzt aber gerade voraus, dass der Wille des Berechtigten der Benutzung entgegensteht.

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Bandendiebstahl mit unbekannten Bandenmitgliedern
BGH 4 StR 408/13 (22.10.2013)

Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in vier Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren. Der Angeklagte legte Revision ein und der Schuldspruch wurde geändert. Er wurde nunmehr wegen schweren Bandendiebstahls in drei Fällen und wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in einem Fall zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Für den Wohnungseinbruchsdiebstahl betrug die Einzelstrafe zwei Jahre. In diesem Fall fehlt es an hinreichenden Feststellungen zum Bandendiebstahl.

Der Angeklagte war mit zwei weiteren Personen in die Wohnung des Geschädigten eingebrochen. Die anderen beiden Personen waren auch Bandenmitglieder, konnten aber nicht näher identifiziert werden. Sie stahlen technische Geräte, Uhren, Schmuck und Bargeld.

Eine Bande setzt einen Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus. Das lag hier vor. Weiterhin müssen bei der Tat (hier dem Einbruchsdiebstahl) mindestens zwei Mitglieder der Bande am Tatort sein. Hier fehlt es aber an näheren Feststellungen dazu, dass außer dem Angeklagten noch ein weiteres Bandenmitglied bei dem Einbruchsdiebstahl mit vor Ort war. Zwar waren zwei weitere Personen mit dem Angeklagten vor Ort, aber es konnte nicht festgestellt werden, dass es sich auch bei diesen um Mitglieder der Bande handelt.

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Beihilfe beim Einbruchsdiebstahl
BGH 2 StR 586/12 (13.03.2013)

Der Angeklagte war Mitglied einer Bande, die Autos aufbrach, um Navigationsgeräte zu entwenden und später zu verkaufen. Die geklauten Geräte aus sechs Diebstahlstaten wurden in die Wohnung des Angeklagten gebracht. Er sollte die sechs gestohlenen Geräte in einem Paket ins Ausland schicken. Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen Beihilfe zum Bandendiebstahl in sechs Fällen. Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten hatte Erfolg.

Es liegt nur ein Fall der Beihilfe zum Bandendiebstahl vor. Es kommt nicht darauf an, dass insgesamt sechs Einbruchsdiebstähle vorlagen und der Angeklagte zu jedem dieser Diebstähle Beihilfe geleistet hat. Es kommt entscheidend darauf an, ob Beihilfe zum jeweiligen Diebstahl geleistet wurde oder ob eine Beihilfehandlung vorliegt, die alle Taten fördert. Da hier alle Geräte auf einmal durch den Angeklagten verschickt werden sollten, liegt nur eine einzige Beihilfe zum Bandendiebstahl vor.

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Abgrenzung zwischen Diebstahl und Betrug beim „Schwarztanken“
BGH 4 StR 632/11 (10.01.2012)

Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit Urkundenfälschung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Unterschlagung, weiterhin wegen schweren Raubes in Tateinheit mit Urkundenfälschung, wegen Diebstahls in zwei Fällen und wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Unterschlagung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren. Der Angeklagte legte Revision gegen das Urteil ein. Diese hatte nur hinsichtlich der Verurteilung wegen Unterschlagung Erfolg.

Der Angeklagte montierte in sechs Fällen gestohlene Kennzeichen an sein Fahrzeug, damit er unerkannt tanken konnte, ohne zu bezahlen. Im ersten dieser Fälle konnte das Landgericht nicht feststellen, ob die allein anwesende Kassiererin der Tankstelle den Vorgang bemerkt hat.

Wer gegenüber dem Personal der Tankstelle durch sein schlüssiges Verhalten zum Ausdruck bringt, den Kaufpreis für das Benzin zu entrichten, obwohl er dies gerade nicht vorhat, macht sich wegen (versuchten) Betruges und nicht wegen Diebstahls oder Unterschlagung strafbar. Ein Betrugsversuch liegt dann vor, wenn ein Täter nur glaubt, dass das Personal ihn wahrnimmt.

In dem Fall, in dem das Gericht nicht feststellen konnte, ob der Tankvorgang von den Mitarbeitern der Tankstelle bemerkt worden war, ist zugunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass er nicht bemerkt wurde. Der Bundesgerichtshof änderte die Verurteilung von Unterschlagung auf versuchten Betrug. Eines Hinweises nach § 265 Abs. 1 StPO bedurfte es nicht, da dem Angeklagten bereits in der Anklage ein Betrug zur Last gelegt wurde. Der Bundesgerichtshof schließt aus, dass das Tatgericht zu einer geringeren Strafe gekommen wäre, wenn es einen versuchten Betrug statt einer Unterschlagung angenommen hätte.

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Diebstahl als Bandentat außerhalb der Bandenabrede
BGH 3 StR 432/10 (01.02.2011)

In diesem Fall hatten sich vier Personen zu einer Bande zusammengeschlossen und die gemeinsame Begehung von Diebstählen verabredet, wobei die einzelnen Diebstähle noch nicht festgelegt waren. Die Diebstähle sollten arbeitsteilig begangen werden. Die Festlegung der einzelnen Taten oblag zwei Personen der Bande. Aufgabe eines anderen Bandenmitgliedes war es, bei Einbrüchen Tresore mit einer Flex zu öffnen.

Die beiden führenden Köpfe der Bande, die die Durchführung der einzelnen Diebstähle bestimmten, begingen zusammen einen Einbruchsdiebstahl in einer Schule. Nur für den Fall, dort einen Tresor zu finden, wollten sie das weitere Bandenmitglied zum Aufflexen des Tresors heranziehen. Sie hebelten den Tresor aus der Wand, nahmen ihn mit und riefen das Bandenmitglied an. Dieses öffnete den Tresor.

Das Landgericht Lüneburg verurteilte ihn wegen schweren Bandendiebstahls. Der Bundesgerichtshof hob diese Verurteilung aus folgenden Gründen auf:

Nicht jede die Tat, die ein Mitglied oder Mitglieder eine Bande begehen, sind auch Taten der Bande. Daher konnten die beiden führenden Köpfe der Bande auch einen Einbruchsdiebstahl begehen, der nicht Ausfluss der Bandenabrede ist. Wäre der Einbruch Teil der Bandenabrede gewesen, hätte auch ein Bandenmitglied verurteilt werden können, das beim Einbruchsdiebstahl nicht vor Ort gewesen ist.

Hier war der Diebstahl bereits beendet, als der Tresor aufgeflext wurde, so dass dieser Täter nicht mehr Mittäter des Einbruchsdiebstahls ist. Er kann sich jedoch wegen Begünstigung strafbar gemacht haben. Eine Strafbarkeit wegen Begünstigung scheidet jedoch dann aus, wenn eine Beteiligung (beispielsweise Beihilfe gemäß § 27 StGB) an der Vortat, hier dem Einbruchsdiebstahl, gegeben ist. Daher hat das Gericht bei der erneuten Verhandlung zu prüfen, ob aus der generellen Bereitschaft, die Tresore aufzuflexen, und der konkreten Hilfeleistung eine Beihilfe zum Einbruchsdiebstahl vorliegt.

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Diebstahl (Zueignungsabsicht) bei sofortiger Vernichtung der Beute
BGH 4 StR 502/10 (27.01.2011)

Der Angeklagte und das Opfer der Tat sind Mitglieder in rivalisierenden Rockerclubs. Der Angeklagte nahm dem Opfer die mit Aufnähern besetzte Weste („Kutte“) ab, die als Trophäe gilt. Er wollte die Kutte nicht behalten, sondern unmittelbar im Anschluss zerstören oder auf andere Art und Weise entsorgen.

Das Landgericht Kaiserslautern sah alle Merkmale eines Diebstahls als erfüllt an und verurteilte den Angeklagten. Der Angeklagte legte Revision ein. Der Bundesgerichtshof entschied, dass eine Verurteilung wegen Diebstahls keinen Bestand hat.

Ein Diebstahl setzt voraus, dass der Täter die Absicht hat, sich eine Sache zuzueignen. Hierfür genügt, dass der Täter die fremde Sache unter Ausschließung des Eigentümers oder bisherigen Gewahrsamsinhabers körperlich oder wirtschaftlich für sich oder den Dritten haben und sie der Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem des Dritten einverleiben oder zuführen will. Es ist aber nicht erforderlich, dass der Täter die Sache auf Dauer für sich behalten will. Ein Täter, der eine Sache nur wegnimmt, um sie zu zerstören oder sich der Sache sofort zu entledigen, hat gerade nicht die Absicht, seinen Vermögensbestand zu verändern. Auch wenn es ansonsten für einen Diebstahl ausreicht, wenn der Täter die gestohlene Sache für einen kurzen Zeitraum behält, so reicht es nicht aus, wenn die Sache (hier die Kutte) unmittelbar zerstört werden soll.

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Diebstahl aus einem verschlossenen Behältnis
BGH 2 StR 385/10 (05.08.2010)

Der Angeklagte und eine gesondert verfolgte Postangestellte wollten Geld aus einer Postfiliale entwenden. Sie bat ihren Kollegen darum, sie kurz am Schalter zu vertreten. Diese Ablenkung nutzte sie aus, um einen Schlüssel, den sie grundsätzlich nicht benutzen durfte, aus der Kasse des Kollegen zu nehmen. Sie öffnete mit diesem Schlüssel den Tresor und entnahm 113.000 Euro. Sie floh mit dem Angeklagten. Dieser wurde wegen in Mittäterschaft begangenen Diebstahls in einem besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Die dagegen einlegte Revision hatte keinen Erfolg.

Das Landgericht hat den Angeklagten zutreffen wegen eines Diebstahls im besonders schweren Fall (begangen in Mittäterschaft mit der Postangestellte) verurteilt. Gemäß § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StGB liegt ein besonders schwerer Fall vor, wenn der Täter eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist. Ein verschlossener Tresor erfüllt diese Voraussetzungen. Es ist nicht erforderlich, dass der Schlüssel für den Tresor weggeschlossen ist. Ein besonders schwerer Fall des Diebstahls gemäß § 243 Abs. 1 Satz2 Nr. 2 StGB liegt auch dann vor, wenn das Behältnis mit dem dafür vorgesehenen Schlüssel geöffnet wird. Allenfalls dann, wenn der Öffnende zur Nutzung des Schlüssels befugt ist, kann das Regelbeispiel zu verneinen sein. Da die Voraussetzungen des Regelbeispiels vorlagen, hat das Landgericht frei von Rechtsfehlern einen besonders schweren Fall des Diebstahls angenommen.

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Pflichtverteidiger für einen Jugendlichen bei Anklage wegen Diebstahls
Landgericht Bremen 15 Qs 329/03 (22.10.2003)

Im Verfahren gegen den 16-jährigen Angeklagten, der im Strafverfahren einen Dolmetscher benötigt hätte, erschien er bei der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht mit einem Rechtsanwalt als Verteidiger. Der Rechtsanwalt beantragte die Beiordnung als Pflichtverteidiger. Das Gericht lehnte per Beschluss die Pflichtverteidigerbestellung ab. Die Jugendgerichtshilfe teilte dem Gericht vor der Hauptverhandlung mit, sie werde „entgegen der üblichen Gepflogenheiten“ nicht teilnehmen. Der Angeklagte bestreitet die Tat. Ihm wird vorgeworfen, mit einem Zeugen über den Verkauf eines Gramms Heroin einig gewesen zu sein. Dann sei er mit einem Pass und den darin liegenden 150 Euro weggelaufen, ohne zuvor die Betäubungsmittel übergeben zu haben.

Die Beschwerde des Verteidigers richtet sich gegen den Beschluss, mit dem die Beiordnung als Pflichtverteidiger abgelehnt wurde. Die Beschwerde beim Landgericht war insoweit erfolgreich.

Dem Angeklagten war gemäß § 68 Nr. 1 JGG in Verbindung mit § 140 Abs. 2 Satz 1 StPO ein Pflichtverteidiger beizuordnen. Da sich der Angeklagte bereits für einen Rechtsanwalt entschieden hatte (dieser begleitete ihn in der Hauptverhandlung), war dieser Rechtsanwalt zum Pflichtverteidiger des Angeklagten zu bestellen.

Die Regelung über die Pflichtverteidigung bei § 140 StPO ist bei Jugendlichen extensiv auszulegen. Aufgrund der mangelnden Verteidigungsfähigkeit und großen Bedeutung des Strafverfahrens bei Jugendlichen ist eher der Verzicht auf eine Beiordnung zu begründen als die Beiordnung eines Verteidigers. Auch schon bei informeller Erledigung des Verfahrens kann eine Beiordnung eines Rechtsanwalts als Pflichtverteidiger geboten sein. Da Jugendliche zu betont sicherem Auftreten neigen, werden die Handlungskompetenz und damit auch die Verteidigungskompetenz überschätzt.

Die Verteidigung des Jugendlichen gehört nicht zu den Aufgaben der Jugendgerichtshilfe. Selbst wenn ihr „Ersatzverteidigerfunktion“ zukommen sollte, macht das eine Pflichtverteidigung in diesem Fall nicht entbehrlich, da die Jugendgerichtshilfe nicht an der Hauptverhandlung teilgenommen hat. Der Gesetzgeber hat Fälle, in denen er die Anwesenheit der Jugendgerichtshilfe für verzichtbar hält, geregelt. Das Ausbleiben der Jugendgerichtshilfe wird auch als ein Fall der notwendigen Verteidigung angesehen, so dass die Anwesenheit eines Rechtsanwaltes (als Wahlverteidiger oder Pflichtverteidiger) notwendig ist.

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Diebstahl bei Ware mit Sicherungsetikett
OLG Düsseldorf 2 Ss 347/97 (05.12.1997)

Der Angeklagte klaute aus einem Geschäft eine Jacke, an der sich ein Sicherungsetikett befand. Er verließ das Geschäft, ohne zu bezahlen. Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall. Soweit sich die Revision des Angeklagten gegen diesen Schuldspruch richtet, hat sie Erfolg.

Es liegt kein Diebstahl in einem besonders schweren Fall vor, sondern lediglich ein einfacher Diebstahl. Bei § 243 StGB, der besonders schwere Fälle des Diebstahls regelt, handelt es sich nicht um eine Qualifikation des Diebstahls, sondern um Regelbeispiele zur Strafzumessung.

Bei einem Sicherungsetikett handelt es sich nicht um eine Schutzvorrichtung, durch die eine Sache gegen eine Wegnahme besonders gesichert ist. Sicherungen, die bei Diebstahl erst beim Verlassen des Geschäfts Alarm auslösen, dienen nicht dem Schutz vor einer Wegnahme, sondern sie dienen der Erkennung des Diebstahls und dem Ermöglichen der Wiederbeschaffung.

Das Regelbeispiel des besonders schweren Diebstahls gemäß § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StGB liegt damit nicht vor. Da es sich jedoch nur um Regelbeispiele handelt, kann dennoch ein besonders schwerer Fall des Diebstahls vorliegen, wenn es mit dem gesetzlich geregelten Fall vergleichbar ist. Hierzu ist eine umfassende Würdigung des gesamten Tatbildes erforderlich. Diese ist dem Tatrichter vorbehalten, weswegen die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen ist.

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Diebstahl bei Sachentziehung
OLG Köln 93 Ss 226/97 (06.05.1997)

Der Angeklagte suchte die Wohnung seiner ehemaligen Lebensgefährtin auf und nahm dort eine Dose mit einer Kette und einem Halsanhänger an sich. Im Laufe der Beziehung hatte sie den Angeklagten mehrfach verlassen, war aber immer zu ihm zurückgekehrt. Der Angeklagte hatte die Hoffnung, dass seine ehemalige Lebensgefährtin ihren neuen Partner für das Verschwinden der Gegenstände verantwortlich macht und es dadurch zu Unstimmigkeiten zwischen den beiden kommt. Das Behältnis warf der Angeklagte weg, Kette und Anhänger wollte der Angeklagte zurückgeben, wenn sie zu ihm zurückkehrt.

Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls verurteilt. Der Angeklagte legte Berufung gegen das Urteil ein, diese wurde vom Landgericht verworfen. Auf die Revision des Angeklagten wurde das Urteil aufgehoben und der Angeklagte freigesprochen. Er hat sich nicht wegen Diebstahls strafbar gemacht.

Ein Diebstahl setzt Zueignungsabsicht voraus. Zueignung beinhaltet das Einverleiben einer Sache oder des in der Sache verkörperten Wertes. Wer die Sache aber nur der Verfügungsmacht eines anderen entziehen möchte, handelt nicht mit Aneignungsabsicht. Eine Zueignung (und damit auch eine Aneignung) setzen nicht voraus, dass die Sache dauerhaft im eigenen Vermögen belassen werden soll. Entscheidend für die Zueignungsabsicht ist, ob der Täter an der Sache als solcher ein Interesse hat oder ob es allein darum geht, auf den Eigentümer oder eine andere Person einzuwirken. Entscheidender Zeitpunkt ist der Moment der Wegnahme.

Die Feststellungen lassen in diesem Fall erkennen, dass der Angeklagte kein Interesse an der Dose hatte, weil er diese wegwarf. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er die Zeitpanne bis zur Rückgabe der Kette bei der Wegnahme als kurz einschätzte. Gleichermaßen möglich ist auch die geplante Rückgabe der Kette und des Anhängers, wenn sie wieder zu ihm zurückkehrt, was aufgrund der Vorgeschichte durchaus möglich erscheint.

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