Beleidigung von Polizeibeamten

Beleidigung von Polizeibeamten

OLG Frankfurt am Main 2 Ss 329/11 (20.03.2012)

Der Angeklagte wurde im Zug von Beamten der Bundespolizei angesprochen und gebeten, sich auszuweisen. Die Beamten waren angehalten, wegen Anschlagsdrohungen ihr Augenmerk auf Personen anderer Hautfarbe zu richten. Der Angeklagte reagierte aggressiv auf die Beamten. Als einer der Beamten an den Rucksack des Angeklagten griff, äußerte dieser, dass ihn dies an etwas erinnere. Auf Nachfrage gab er an, dass es ihn an Methoden der SS erinnere. Der Angeklagte verneinte die Frage des Beamten, ob er ihn beleidigen wolle. Der Beamte sagte: „Dann sagen Sie doch, dass ich ein Nazi bin“, der Angeklagte entgegnete darauf: „Nein, das sage ich nicht“.

Das Amtsgericht Kassel hatte den Angeklagten wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Angeklagte legte Sprungrevision ein. Bei einer Sprungrevision wird die Instanz der Berufung beim Landgericht übersprungen und das Verfahren gelangt direkt zum Oberlandesgericht.

Das Oberlandesgericht hob das Urteil des Amtsgerichts auf und sprach den Angeklagten frei, da er sich nicht wegen Beleidigung strafbar gemacht hat.

Der Tatbestand der Beleidigung ist erfüllt. Eine Beleidigung setzt voraus, dass ein Angriff auf die Ehre einer Person vorliegt. Dabei ist nicht der Wortlaut entscheidend, sondern der Sinngehalt der Äußerung. Hier wurde das Verhalten mit Methoden im NS-Staat verglichen und das Verhalten dadurch mit dem Verhalten von SS-Angehörigen verglichen.

Die Beleidigung ist jedoch gemäß § 193 StGB (einem speziellen Rechtfertigungsgrund, der auch bei Beleidigungen eingreifen kann) gerechtfertigt. Das ergibt sich aus einer Abwägung des Ehrschutzes mit dem Grundrecht der Meinungsfreiheit. Auch starke und sinnfällige Schlagworte können von der Meinungsfreiheit gedeckt sein. Entscheidend ist auch, ob sich die Äußerung gegen die Beamten persönlich oder gegen die Maßnahme richtet. Soweit es um die Sache geht, hat der Ehrschutz eine geringere Bedeutung. Für das Recht auf freie Meinungsäußerung ist es ohne Bedeutung, ob die Kontrolle der Beamten rechtmäßig war. Der Angeklagte durfte sich nach Auffassung des Gerichts in dieser Form äußern. Es fühlte sich wegen seiner dunklen Hautfarbe diskriminiert. Eine persönliche Beleidigung der Beamten hat er ausdrücklich verneint.