Trinkgeldzahlung als Betrug

Urteil zur Trinkgeldzahlung als Betrug

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 9 KR 384/12 vom 07.05.2014

In diesem Gerichtsverfahren geht es eigentlich nicht um Strafrecht, aber das Gericht stellt in seinem Urteil dar, dass es das Verhalten der Klägerin als Betrug bewertet.

Die Klägerin ist Inhaberin eines Unternehmens, das sie als „Reinigungsservice“ bezeichnet. Das Unternehmen hat Verträge mit Einkaufszentren, Kaufhäusern und Flughäfen (beziehungsweise deren jeweiligen Betreibern). Aufgabe des Unternehmens ist es, den Betrieb der Kundentoiletten zu übernehmen (Reinigung und das Auffüllen von Handtüchern und Seife). In einigen Fällen war des dem Betrieb der Klägerin ausdrücklich untersagt, für die Benutzung der Toilette von den Kunden Geld zu verlangen. Dennoch stand in den Toilettenanlagen ein Teller, auf dem die Kunden Geld hinterlassen konnten und dies vielfach auch taten.

Das Unternehmen schloss Verträge mit seinen Mitarbeitern. Von den Auftraggebern wurde das Reinigungsunternehmen jeweils für seine Tätigkeiten bezahlt. Das Geld, das von den Toilettennutzern auf dem Teller hinterlassen wurde, durfte der jeweilige Mitarbeiter nicht für sich behalten. Das Geld wurde an das Reinigungsunternehmen abgegeben und die Mitarbeiter daher auch aus diesen Einnahmen bezahlt.

Das Sozialgericht wertet dies als Betrug gegenüber den Kunden, die Geld als Trinkgeld auf dem Teller hinterlassen mit der Annahme, dass der jeweilige Mitarbeiter das Geld für sich behalten darf.

Ein Betrug setzt zunächst eine Täuschung voraus. Hier wurde über die Verwendung der „Trinkgelder“ getäuscht. Die Gewerbeordnung und auch das Steuerrecht verstehen unter Trinkgeldern freiwillige Leistungen, die Arbeitnehmern zugutekommen. Das war hier nicht der Fall, da das Geld an das Reinigungsunternehmen abgegeben wurde.

Den für einen Betrug erforderlichen Irrtum sah das Gericht darin, dass die Kunden, die Trinkgeld geben, davon ausgehen, dass dieses nicht an das Unternehmen gezahlt wird, sondern dass der jeweilige Arbeitnehmer dieses behalten darf.

Ferner setzt ein Betrug auch voraus, dass eine Vermögensverfügung vorgenommen wird, die zu einem Vermögensschaden führt. Hier wussten die Kunden, die Trinkgelder zahlten, dass sie Geld bezahlten, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten. Ein Betrug liegt jedoch auch vor, wenn ein sozial anerkannter Zweck verfehlt wird. Das lag hier vor, weil die Kunden eigentlich dem Arbeitnehmer ein Trinkgeld geben wollten. Er sollte damit eine Vergütung zusätzlich zu seinem Lohn bekommen. Tatsächlich aber wurde der Lohn unter anderem aus diesen Trinkgeldern finanziert.

Da die Inhaberin auch vorsätzlich handelte und mit der Absicht, sich zu bereichern, lag ein Betrug zu Lasten der Kunden vor, die ein Trinkgeld bezahlt haben.