Gewaltanwendung beim Raub

Urteil zur Gewaltanwendung beim Raub

BGH 2 StR 283/03 (15.10.2003)

Leitsatz des Bundesgerichtshofs:
„Gewalt zur Wegnahme unter Verwendung eines Mittels im Sinne von § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b StGB wendet an, wer das Tatopfer zunächst mit anderer Zielrichtung gefesselt hat und im engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit der so bewirkten Wehrlosigkeit des Opfers dessen Sachen entwendet.“

Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen Betruges und schweren Raubes (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Soweit die Revision den Betrug betrifft, ist sie offensichtlich unbegründet. Hinsichtlich des schweren Raubes wird der Schuldspruch geändert. Der Angeklagte hat sich lediglich eines schweren Raubes gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b StGB strafbar gemacht.

Der Angeklagte war obdachlos und übernachtete in der Jagdhütte des Opfers. Als dieses am Morgen die Hütte öffnete, sprühte ihm der Angeklagte eine Flüssigkeit ins Gesicht und versetzte ihm einen Faustschlag. Das Opfer ging zu Boden. Der Angeklagte schlug eine Flasche auf den Kopf des Opfers, so dass diese zerbrach. Weiterhin warf er einen Feldstein (ca. 8 kg) auf den Kopf des Opfers. Dieses konnte den Kopf seitlich wegdrehen. Das Opfer erlitt einen Bruch in der rechten Gesichtshälfte. Im Anschluss fesselte der Angeklagte das Opfer. Spätestens jetzt fasste er den Entschluss, auch weitere Sachen wegzunehmen. Er brachte Gegenstände in das Fahrzeug des Geschädigten, verschloss die Hütte und fuhr weg.

Diese Feststellungen tragen keine Verurteilung wegen schweren Raubes gemäß § 250 Abs. 2 StGB (Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren), sondern nur eine Verurteilung wegen schweren Raubes gemäß § 250 Abs. 1 StGB (Mindeststrafe von drei Jahren).

Ein schwerer Raub gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet wird. Bei § 250 Abs. 1 StGB ist statt des Verwendens ein Beisichführen ausreichend. Ferner kommt es beim schweren Raub darauf an, dass das Nötigungsmittel eingesetzt wird, um die Wegnahme zu ermöglichen. Es muss daher eine innere Verknüpfung geben. Wenn der Entschluss zur Wegnahme erst nach Anwendung des Nötigungsmittels gefasst wird, fehlt diese.

So war es auch hier. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Angeklagte bereits den Vorsatz zur Wegnahme der Sachen hatte, als er dem Opfer die Flasche auf den Kopf schlug und den Stein auf den Kopf warf. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte zunächst nur mit dem Motiv handelte, seine Flucht zu ermöglichen. Damit fehlte es bei der Verwendung des gefährlichen Werkzeuges an der Absicht, damit die Wegnahme zu ermöglichen. Der Angeklagte nutzt die Situation aus, dass die Gewalt noch andauert, weil das Opfer gefesselt ist.