Pflichtverteidigers bei schwieriger Rechtslage

Bestellung eines Pflichtverteidigers bei schwieriger Rechtslage

KG 2 Ws 363/08 (30.07.2008)

In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht wurde der Angeklagte von einem Rechtsanwalt (Wahlverteidiger) vertreten. Der Angeklagte wurde verurteilt, weil er das nichtöffentlich gesprochene Wort unbefugt aufgezeichnet hatte (§ 201 StGB). Das Amtsgericht hatte das Vorliegen eines Erlaubnistatbestandsirrtums verneint, dafür aber einen vermeidbaren Verbotsirrtum angenommen. Der Angeklagte ging in Berufung. In der Berufung beantragte der Rechtsanwalt, ihn als Pflichtverteidiger beizuordnen. Der Vorsitzende der Berufungskammer lehnte das ab, die Beschwerde dagegen hatte Erfolg.

Weil eine schwierige Rechtslage vorlag, war der Rechtsanwalt auf dessen Antrag als Pflichtverteidiger beizuordnen. Hier geht es um die Unterscheidung zwischen Erlaubnistatbestandsirrtum und Verbotsirrtum. Für das Verfahren ist von großer Bedeutung, welcher Irrtum vorliegt, weil einer zum Freispruch und einer zur Verurteilung geführt hätte.

Es kommt entscheidend darauf an, ob das Merkmal „unbefugt“ ein Tatbestandsmerkmal ist oder ob es der Hinweis auf die allgemeinen Rechtfertigungsgründe ist. Dieser Streitstand ist nicht einfach, so dass eine schwierige Rechtslage vorliegt. In dieser Situation ist die Beiordnung eines Pflichtverteidigers gemäß § 140 Abs. 2 StPO erforderlich.