Befangenheit wegen Facebook-Bild

Befangenheit wegen Facebook-Bild

BGH 3 StR 482/15 (12.01.2016)

Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen erpresserischen Menschenraubes, räuberischer Erpressung und gefährlicher Körperverletzung zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Während des Verfahrens hatte der Angeklagte den Vorsitzenden Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das Landgericht wies das Ablehnungsgesuch als unbegründet zurück und verurteilte den Angeklagten.

Dieser legte Revision gegen das Urteil ein. Diese begründete er unter anderem damit, dass das Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei, da bei der Verhandlung ein Richter mitgewirkt habe, der zu Recht wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden war. Seine Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) hatte Erfolg. Der BGH war der Auffassung, dass die Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit begründet war.

Folgendes war passiert: Während des Verfahrens erhielt der Verteidiger des Angeklagten von dem Facebook-Profil des Richters Kenntnis. Im öffentlichen Bereich des Profils des Richters war ein Bild von ihm. Er saß auf einer Terrasse mit einem Bierglas in der Hand und trug dabei ein T-Shirt mit der Aufschrift „Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause: JVA“. Unter dem Bild befand sich ein Kommentar des Richters („Das ist mein ‚Wenn du rauskommst, bin ich in Rente‘-Blick“, der von einem anderen Nutzer kommentiert wurde („… sprach der schwedische Gardinen-Verkäufer! :-))“). Der Richter und eine andere Person hatten diesen Beitrag „geliked“. Daraufhin stellte der Verteidiger für den Angeklagten den Ablehnungsantrag.

Der Richter gab eine dienstliche Äußerung hierzu an, in der es hieß „Zum weiteren Vorbringen im Ablehnungsgesuch gebe ich keine Stellungnahme ab. Ich werde mich nicht zu meinen privaten Lebensverhältnissen äußern.“

Maßstab für die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist, ob ein vernünftiger beziehungsweise verständiger Angeklagter Grund zur Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die seine erforderliche Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Der BGH ist der Auffassung, dass nicht auszuschließen ist, dass der Richter das Verfahren nicht objektiv bearbeitet, sondern Spaß an der Verhängung hoher Strafen hat und sich über den Angeklagten lustig macht. Der Beitrag betrifft nicht nur seine privaten Lebensverhältnisse, sondern enthält auch einen deutlichen Hinweis auf die berufliche Tätigkeit des Richters. Ein noch konkreterer Zusammenhang zum Strafverfahren gegen den Angeklagten ist nicht erforderlich, um Bedenken hinsichtlich der Neutralität zu haben. Der BGH verwies das Verfahren daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück.