Voraussetzungen einer Jugendstrafe

Voraussetzungen einer Jugendstrafe

BGH 3 StR 473/15 (26.01.2016)

Der Angeklagte, der zum Tatzeitpunkt neunzehn Jahre alt war, wurde vom Landgericht wegen Beihilfe zur räuberischen Erpressung und gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen das Urteil legte er Revision ein. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf und verwies es an das Landgericht zurück.

Die Anwendung von Jugendstrafrecht war nach Auffassung des Bundesgerichtshofes nicht zu beanstanden. Die Begründung der Verhängung der Jugendstrafe wird dagegen vom Bundesgerichtshof beanstandet. Eine Jugendstrafe setzt voraus, dass wegen der Schwere der Schuld eine Jugendstrafe erforderlich ist oder dass Zuchtmittel oder Erziehungsmaßregeln wegen der schädlichen Neigungen, die in der Tat hervorgetreten sind, nicht ausreichen.

Schädliche Neigungen liegen dann vor, wenn erhebliche Anlage- oder Erziehungsmängel zu beobachten sind, die ohne eine längere Gesamterziehung die Gefahr weiterer Straftaten begründen. Das Landgericht hat das Vorliegen der schädlichen Neigungen damit begründet, dass beim Angeklagten, der bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorbestraft war, eine deutliche Neigung zu erkennen gewesen sei, „die Rechtsordnung zu missachten und aus einer in seiner Persönlichkeit wurzelnden falschen Triebrichtung zu handeln“. Dies ergebe sich daraus, dass der Angeklagte bereit war, an der Tat, die Gegenstand der Anklage war, mitzuwirken, wobei die Tat von erheblicher Brutalität gegen das Opfer geprägt sei.

Der Bundesgerichtshof beanstandet, dass aus dieser Formulierung nicht klar wird, ob die Persönlichkeitsmängel bereits vor der Tat bestanden haben, was eine Voraussetzung für die Bejahung von schädlichen Neigungen ist. Die Tatsache, dass der Angeklagte nicht vorbestraft sei, spreche gegen diese Annahme. Die Begehung dieser Tat allein genügt nicht den Anforderungen der schädlichen Neigungen. Weiterhin stellt das Landgericht nicht dar, dass zum Zeitpunkt des Urteils noch Persönlichkeitsmängel vorgelegen haben.

Auch eine Schwere der Schuld hat das Landgericht nicht dargelegt. Im Urteil wird dargestellt, dass sich der Angeklagte keineswegs unter dem Druck seiner Lebensverhältnisse, sondern frei und selbstverantwortlich gegen das Recht und für das Unrecht entschieden habe. Damit wird die Verhängung der Jugendstrafe wesentlich mit der Begehung der Tat an sich begründet. Der Angeklagte wurde hier lediglich wegen Beihilfe, nicht wegen Mittäterschaft, verurteilt. Insbesondere hätte sich das Landgericht nach Auffassung des Bundesgerichtshofes damit beschäftigen müssen, inwieweit sich die Tat als situativ bedingter Ausdruck gruppendynamischer Prozesse dargestellt haben könnte, was bei der Bestimmung der Schwere der Schuld zu berücksichtigen sei.