Fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung bei Loveparade 2010

Fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung bei Loveparade 2010

Presseerklärung der Staatsanwaltschaft Duisburg (12.02.2014)

Am 12.02.2014 gab es eine Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Duisburg zu den Geschehnissen bei der Loveparade 2010 in Duisburg. Bei dieser Musikveranstaltung kam es zu einer Massenpanik, bei der 21 Menschen starben und mindestens weitere 652 Menschen zum Teil schwer verletzt wurden.

Die Staatsanwaltschaft Duisburg hat die Ermittlungen abgeschlossen und Anklage gegen 10 Beschuldigte beim Landgericht Duisburg wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB), fahrlässiger Körperverletzung (§ 229 StGB) und fahrlässiger Körperverletzung im Amt (§ 340 StGB) erhoben.

Vier der Beschuldigten sind Mitarbeiter der Gesellschaft, die die Loveparade veranstaltet hat. Dabei handelt es sich um den Gesamtleiter, den Produktionsleiter, den Sicherheitsverantwortlichen und den technischen Leiter. Weiterhin wurden sechs Bedienstete der Stadt Duisburg angeklagt. Von diesen sechs Beschuldigten prüften drei den Bauantrag der Veranstalter-Gesellschaft und erteilten die Baugenehmigung. Die anderen drei Beschuldigten sind Bedienstete der Stadt in leitender Funktion.

Gegen andere Mitbeschuldigte wurde das Verfahren eingestellt, da kein hinreichender Tatverdacht vorlag. Gegen weitere Personen (beispielsweise den Oberbürgermeister von Duisburg und den Geschäftsführer der Veranstalter-Gesellschaft) wurde kein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Die für die Veranstaltung erforderliche und beantragte Baugenehmigung hätte nicht erteilt werden dürfen. Es lagen schwerwiegende Planungsfehler vor und die Veranstaltung war nach diesen Plänen nicht durchzuführen. Die leitenden Bediensteten unterließen es, das Genehmigungsverfahren ordnungsgemäß zu überwachen. Ansonsten wären ihnen die schwerwiegenden Fehler aufgefallen und die Veranstaltung hätte so nicht stattgefunden, weil sie nicht genehmigt worden wäre.

Der Durchgang an der östlichen Rampe war nur etwa 18 Meter breit. Zäune verengten am Veranstaltungstag diesen ohnehin schon schmalen Zugang auf etwa 10 Meter Breite. Die Vorgaben der Genehmigung wurden bei der Veranstaltung nicht entsprechend überprüft. Das Zu- und Abgangssystem funktionierte am Nachmittag der Veranstaltung nicht mehr. Zwischen 16:30 und 17:15 Uhr drängten sich mehrere zehntausend Menschen im Bereich der östlichen Rampe. Die Dichte war an der durch die Zäune noch weiter verengten Stelle am größten.

Insbesondere dem Polizeieinsatzleiter vor Ort ist kein strafrechtlich relevanter Vorwurf zu machen. Die Möglichkeit von schweren Verletzungen war für diesen erst dann zu erkennen, als es nicht mehr möglich war, das weitere Geschehen noch zu verhindern. Die Fehler lagen in der Planung und Genehmigung der Veranstaltung sowie der Überwachung der sicherheitsrelevanten Auflagen am Veranstaltungstag.

Das Verfahren hat einen besonders großen Umfang. Die Verfahrensakten haben derzeit etwa 37.000 Seiten, es gibt etwa 963 Stunden (also etwa 40 Tage!) Videomaterial, die Datenträger haben ein Volumen von mehr als 800 Terabyte.

Es bleibt abzuwarten, ob und inwieweit sich diese Anklagevorwürfe in der Gerichtsverhandlung bestätigen. Die fahrlässige Tötung sieht eine Freiheitsstrafe von maximal 5 Jahren vor. Es ist davon auszugehen, dass das Gerichtsverfahren sehr lange dauern wird.