Missverständliche Ortsangabe
Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt 12 C 3263/11 (16.03.2012)
Das Amtsgericht Stuttgart hatte einen unterhaltsamen Fall, bei dem es im weitesten Sinne um Verkehrsrecht ging. Die Frage ist hier, ob ein wirksamer Vertrag über einen Flug geschlossen wurde. Für den Fall, dass ein Vertrag vorliegen sollte, stellt sich weiterhin die Frage, welchen Inhalt dieser hat. Was für ein Flug wurde also gebucht?
Eine Kundin wollte telefonisch in einem Reisebüro eine Reise nach Porto zu buchen. Sie kam aus Sachsen, was in ihrer Sprache wohl deutlich zum Ausdruck gekommen sein muss. Sie teilte der Mitarbeiterin des Reisebüros mit, dass sie eine Reise nach „Bordö“ buchen wolle. Die Mitarbeiterin verstand die Kundin so, dass die Reise nach Bordeaux in Frankreich gehen solle. Dies wiederholte sie zweifach in korrektem Hochdeutsch. Das Reisebüro verlangte die Zahlung von der Kundin, die diese nicht erbringen wollte.
Rechtlich entscheidend ist hier, wer das Risiko der fehlgeschlagenen Kommunikation tragen soll. Willenserklärungen können ausgelegt werden. Was hat der Empfänger hier verstanden? Was hätte er verstehen müssen? Was passiert, wenn man damit scheitert, sich verständlich auszudrücken? Hier wurde ein wirksamer Vertrag über eine Reise nach Bordeaux geschlossen. Ein Dissens liegt nicht vor, da kein unlösbarer Widerspruch zwischen den Erklärungen der beiden Parteien besteht. Die Möglichkeit einer Anfechtung hätte bestanden. Es lag ein Inhaltsirrtum vor. Die Kundin wusste, was sie gesagt hatte („Bordö“), sie gab dieser Erklärung jedoch eine andere Bedeutung. Die Anfechtung wurde jedoch nicht gegenüber dem Vertragspartner erklärt, so dass der Vertrag weiterhin Bestand hatte und die Kundin die Zahlung trotz des Missverständnisses leisten musste.