Vorsatz hinsichtlich Körperverletzung und Totschlag

Vorsatz hinsichtlich Körperverletzung und Totschlag

BGH 3 StR 558/09 (02.02.2010)

Der alkoholisierte Angeklagte traf mit dem ebenfalls alkoholisierten Mitangeklagten auf das Opfer. Ohne Grund prügelten sie das Opfer in einen Hinterhof, wo dieses hinfiel. Beide traten auf das Opfer ein, der Mitangeklagte mindestens fünfmal sehr kräftig gegen den Kopf des Opfers, der Angeklagte versetzte dem Opfer einen leichten Tritt gegen den Kopf. Dabei handelte er mit Körperverletzungsvorsatz. Er hatte keinen Vorsatz bezüglich einer Tötung des Opfers. Das Opfer erlitt Brüche des Gesichtsschädels, die zu einer lebensbedrohlichen Schwellung des Gehirns führten. Der Angeklagte hat bei der Tat die Lebensgefährlichkeit seines Handelns ebenso erkannt wie die Tatsache, dass der Mitangeklagte durch sein Zusehen zum Weiterhandeln ermutigt wurde. Nach Feststellungen des Landgerichts war es ihm gleichgültig, ob das Opfer durch die Tritte des Mitangeklagten stirbt. Nach der Beweisaufnahme ist zugunsten des Angeklagten anzunehmen, dass sein Tritt erst nach den Tritten des Mitangeklagten erfolgte.

Das Landgericht Duisburg verurteilte den Angeklagten wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe. Der Bundesgerichtshof hob die Verurteilung auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Duisburg zurück.

Die Ausführungen zum Vorsatz des versuchten Totschlags rechtfertigen die Verurteilung nicht. Grundsätzlich liegt zwar bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen nahe, dass ein Täter damit rechnet, dass das Opfer stirbt. Weil bei einer Tötung eine besonders hohe Hemmschwelle vorliegt, ist aber auch immer die Möglichkeit zu berücksichtigen, dass der Täter die Gefahr des Todes nicht erkannt oder zumindest darauf vertraut hat, dass der Tod nicht eintritt. Dies gilt insbesondere bei spontanen und unüberlegten Taten. Ein Vorsatz setzt immer voraus, dass der Täter den Eintritt des Erfolges (beim Totschlag also den Tod des Opfers) will. Deshalb muss anhand aller Umstände geprüft werden, ob das Wollenselement und damit der Vorsatz vorliegt.

Hier hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Tritte durch den Mitangeklagten mit Vorsatz hinsichtlich des Totschlags handelte, während er bei seinem Tritt nur mit dem Vorsatz einer gefährlichen Körperverletzung handelte. Darin liegt der Widerspruch, wie sich der Vorsatz innerhalb eines einheitlichen Tatgeschehens von Tötungsvorsatz zu Körperverletzungsvorsatz verändert hat.