Körperverletzung mit Todesfolge und Totschlag
BGH 5 StR 238/12 (16.08.2012),
Der Angeklagte ist Arzt. Im März führte er bei einer Patientin in seiner Praxis eine mehrstündige Schönheitsoperation durch. Während dieser Operation erlitt die Patientin einen Herzstillstand. Nach erfolgreicher Wiederbelebung blieb die Patientin bewusstlos. Der Angeklagte, der auch über umfangreiche Erfahrungen in der Intensiv- und Rettungsmedizin verfügte, wusste auch, dass die vorliegende posthypoxische Hirnschädigung zum Tode führen könnte. Er ging zunächst jedoch davon aus, dass die Patientin nicht sterben, sondern das Bewusstsein nach kurzer Zeit wiedererlangen würde. Als diese Zeit vergangen war, erkannte er, dass das Gehirn Schaden genommen hat und dass die Patientin daran versterben würde. Er war der Auffassung, dass auch eine sofortige intensivmedizinische Behandlung das Leben der Patientin nicht mehr gerettet hätte. Die Patientin wurde in ein Krankenhaus eingeliefert. Um den Krankenhausärzten die Schuld am Tod der Patientin zuzuschreiben, informierte er diese nur unzureichend über den Gesundheitszustand der Patientin, um somit die Gefahr fehlerhafter Anschlussbehandlungen zu steigern.
Das Landgericht Berlin hatte den Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge und versuchten Totschlag verurteilt. Der Angeklagte und der Nebenkläger legten gegen das Urteil Revision ein. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil teilweise auf, erhielt aber die Feststellungen zum Verbrechen der Körperverletzung mit Todesfolge aufrecht. Der Bundesgerichtshof beanstandete die Begründung des bedingten Tötungsvorsatzes. Weiterhin wurden die Mordmerkmale Verdeckungsabsicht und niedrige Beweggründe nicht hinreichend geprüft. Das Verfahren wurde an das Landgericht zurückverwiesen.
Das Landgericht verurteile den Angeklagten nunmehr wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchtem Mord durch Unterlassen. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte Revision ein. Der Bundesgerichtshof hob die Verurteilung wegen versuchten Mordes durch Unterlassen auf und verwies das Verfahren an das Landgericht zurück. Die Begründung des Vorsatzes hinsichtlich der Tötung der Patientin (also des Mordes) ist widersprüchlich und lückenhaft. Aus dem Versuch des Angeklagten, die Verantwortung für den Tod der Patientin auf die Krankenhausärzte verlagern zu wollen, könne nicht geschlossen werden, dass ein Tötungsvorsatz schon in der Tatsituation vorlag. Dies seien zwei unterschiedliche Situationen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte die Aussichtslosigkeit der Rettungsbemühungen erkannt hat, nachdem die Wirkung der Narkosemittel beendet war.
Für die Strafzumessung weist der Bundesgerichtshof darauf hin, dass die Annahme eines minder schweren Falles der Körperverletzung mit Todesfolge fernliegend erscheint. Dies ergibt sich aus der gravierenden Verletzung der Aufklärungspflicht, der Verletzung ärztlicher Standards und dem Nachtatverhalten, das von Eigensucht geprägt war. Da kein Vorsatz hinsichtlich der Tötung feststellbar war, kommt eine Verurteilung wegen Mordes oder Totschlags nicht in Betracht. Mordmerkmale wie Verdeckungsabsicht oder niedrige Beweggründe sind daher nicht mehr zu prüfen.