Urteil zur Notwendigen Verteidigung bei Berufung der Staatsanwaltschaft
KG 161 Ss 173/13 (12.08.2013)
Der Angeklagte wurde vom Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft legte gegen das Urteil Berufung ein. Die Berufung war auf die Höhe der Strafe beschränkt. Der Rechtsanwalt der Angeklagten verlangte die Beiordnung zum Pflichtverteidiger für die Berufung. Das Berufungsgericht lehnte diese Beiordnung ab. In der Hauptverhandlung vor dem Berufungsgericht war kein Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten anwesend.
Die Revision hatte Erfolg, weil die Hauptverhandlung in Abwesenheit eines Verteidigers stattgefunden hat, obwohl die Anwesenheit eines Verteidigers erforderlich gewesen wäre.
Das Gericht führt dazu aus: „Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Kammergerichts, dass bei einer zu erwartenden Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr in der Regel die Voraussetzungen von § 140 Abs. 2 StPO gegeben sind.“ Der § 140 Abs. 2 StPO regelt, dass bei einer schwierigen Sach- oder Rechtslage ein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegt und der Angeklagte daher durch einen Rechtsanwalt vertreten werden muss. In der Berufung, auch wenn diese auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt ist, liegt eine Schwierigkeit der Rechtslage nahe. Auch wenn die Staatsanwaltschaft das Ziel verfolgte, dass die Freiheitsstrafe nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt wird, wäre einer Erhöhung der Strafe von bisher zehn Monaten durch das Berufungsgericht möglich, so dass der Orientierungswert von einem Jahr erreicht werden kann und sich hieraus die Notwendigkeit der Beiordnung ergibt. Die Tatsache, dass der Angeklagte bereits gerichtserfahren ist, macht die Bestellung eines Anwalts zum Pflichtverteidiger nicht unnötig.