Bestellung eines Pflichtverteidigers, wenn Widerruf der Bewährung droht
OLG Brandenburg 1 Ss 65/04 (09.08.2004)
Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten, der in der Hauptverhandlung nicht von einem Strafverteidiger vertreten wurde, wegen Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Ein Jahr vor dieser Tat wurde der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt. Die Revision des Angeklagten ist begründet, weil ihm kein Verteidiger beigeordnet wurde, obwohl ein Fall notwendiger Verteidigung vorlag.
Da kein Verteidiger in der Hauptverhandlung anwesend war, wurde diese in Abwesenheit einer Person durchgeführt, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt. Die Notwendigkeit der Mitwirkung eines Verteidigers ergibt sich aus § 140 Abs. 2 StPO. Ab einer zu erwartenden Freiheitsstrafe von einem Jahr ist die Mitwirkung zumindest dann erforderlich, wenn die Gefahr besteht, dass die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt wird. Darauf kommt es hier aber nicht an, weil der Widerruf der Bewährung aus dem ersten Urteil drohte. Allein schon aus diesem Grund lag der Fall einer notwendigen Verteidigung vor.