Pflichtverteidiger für einen Angeklagten, der unter Betreuung steht
OLG Hamm 2 Ss 439/03 (14.08.2003)
Der 80 Jahre alte Angeklagte wurde vom Amtsgericht wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort („Fahrerflucht“) zu einer Geldstrafe verurteilt. Er stand zu dem Zeitpunkt etwa seit sieben Jahren unter Betreuung für Prozess- und Behördenangelegenheiten. Der Angeklagte wurde in der Hauptverhandlung nicht von einem Rechtsanwalt als Wahlverteidiger oder Pflichtverteidiger vertreten. Auf die Sprungrevision des Angeklagten wurde das Verfahren an das Amtsgericht zurückverwiesen. Die Revision ist unter anderem deswegen begründet, weil bei der Hauptverhandlung kein Verteidiger anwesend war, obwohl ein Fall der notwendigen Verteidigung vorlag. Die Verteidigungsfähigkeit des Angeklagten und damit die Notwendigkeit der Bestellung eines Pflichtverteidigers richten sich nach dessen geistigen Fähigkeiten und sonstigen Umständen des Falls. Die Bestellung eines Pflichtverteidigers ist, wie hier, schon dann erforderlich, wenn an der Fähigkeit zur Selbstverteidigung Zweifel bestehen und kein Wahlverteidiger beauftragt wurde. Auf die Nachfrage des Betreuers, ob er an der Hauptverhandlung teilnehmen müsse, hätte der Richter dem Angeklagten einen Verteidiger beiordnen müssen.