Sprachkenntnisse des Schöffen
BGH 2 StR 338/10 (26.01.2011)
Das Landgericht hatte zwei Angeklagte wegen besonders schweren Raubes und einen Angeklagten wegen Beihilfe zum besonders schweren Raub verteilt. Die Revisionen der Angeklagten waren begründet, weil die Strafkammer, also das Gericht, nicht vorschriftsmäßig besetzt war.
Eine Schöffin, deren Anwesenheit gesetzlich vorgeschrieben ist, gab schon bei Beginn der Hauptverhandlung an, dass sie „sehr schlecht deutsch“ könne. Eine telefonische Verständigung der Vorsitzenden Richterin und der Schöffin war nur unter Zuhilfenahme einer weiteren Person möglich. Die Schöffin selbst beantragte, sie wegen ihrer Sprachschwierigkeiten von der Schöffenliste zu streichen. Das Landgericht lehnte das ab, weil hierfür kein gesetzlich vorgesehener Grund vorlag. An sämtlichen Verhandlungstagen wurde für die Schöffin eine Dolmetscherin hinzugezogen, die auch bei Beratungen des Gerichts für die Schöffin übersetzte. Die Verteidiger der Angeklagten rügten im Hinblick auf die Sprachkenntnisse der Schöffin die Gerichtsbesetzung. Der Einwand wurde mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Fall von fehlenden Sprachkenntnissen eines Schöffen gesetzlich nicht geregelt sei.
Anerkannt ist, dass andere Mängel in der Person eines Richters oder Schöffen die Unfähigkeit zur Teilnahme an Hauptverhandlungen begründen. Entschieden wurde dies für hör- und sprechunfähige Richter. Wegen eines Verstoßes gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz kann auch ein blinder Richter nicht in der tatrichterlichen Hauptverhandlung in Strafsachen mitwirken.
Der Gesetzgeber hat inzwischen nachgebessert und mit § 22 Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) eine Norm geschaffen, nach der Personen, die mangels ausreichender Beherrschung der deutschen Sprache für das Amt nicht geeignet sind, nicht Schöffen werden sollen.
Der Bundesgerichtshof stellt sich auf den Standpunkt, dass dies auch vor der Gesetzesänderung galt. Die Tatrichter müssen die Prozessabläufe optisch und akustisch wahrnehmen und verstehen und sich ohne Hilfe von Dolmetschern mit den anderen Verfahrensbeteiligten verständigen können. Regelungen zur Verständigung des Gerichts mit sprach- oder hörbehinderten Personen gelten nicht für Fälle, in denen die Behinderung auf Seiten des Richters liegt. Selbiges gilt auch für mangelnde Deutschkenntnisse.