Körperverletzung-A

Zum vollständigen Gesetzestext gelangen Sie durch Anklicken des Bildes, das teilweise den Gesetzeswortlaut der Körperverletzung wiedergibt. Rechtsanwalt und Strafverteidiger Dr. Dirk Bachmann aus Hamburg vertritt Sie im Strafrecht bei Körperverletzung und anderen Delikten.Auf dieser Seite finden Sie Entscheidungen
zum Thema Körperverletzung.

Hinweise zur Körperverletzung:
Das Delikt Körperverletzung gehört zum Strafrecht. Als Strafverteidiger und Anwalt mit Schwerpunkt Strafrecht vertrete ich Beschuldigte als Pflichtverteidiger oder (Wahl-)Verteidiger in allen Belangen. Die nachfolgenden Gerichtsentscheidungen zeigen, dass die Abgrenzung zwischen Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung und schwerer Körperverletzung schwierig sein kann. Für den Beschuldigten ist es von großer Bedeutung, ob eine Verurteilung beispielweise wegen Körperverletzung oder gefährlicher Körperverletzung erfolgt. Daher sollte man als Beschuldigter unbedingt die Hilfe eines Strafverteidigers und Rechtsanwaltes, der auf das Strafrecht spezialisiert ist, in Anspruch nehmen.

 

Vernehmung einer Zeugin bei Sexualdelikt und Körperverletzung
Bundesverfassungsgericht 2 BvR 261/14 (27.02.2014)

Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs
OLG Hamm, III 1 RVs 15/14 (20.02.2014)

Gefährliche Körperverletzung und schwere Körperverletzung
BGH 3 StR 301/13 (26.11.2013)

Gefährliche Körperverletzung und einfache Körperverletzung
BGH 4 StR 275/13 (30.07.2013)

Verteidigungswille bei Körperverletzung und versuchtem
Totschlag in Notwehr

BGH 4 StR 551/12 (25.04.2013)

Einwilligung in Körperverletzung bei Schlägerei
BGH 1 StR 585/12 (20.02.2013)

Einwilligung in Körperverletzung bei Operation
BGH 1 StR 320/12 (20.02.2013)

Körperverletzung mit Todesfolge nach Alkoholkonsum
BGH 5 StR 523/12 (07.11.2012)

Körperverletzung mit Todesfolge und Totschlag
BGH 5 StR 238/12 (16.08.2012)

Vorsatz hinsichtlich Körperverletzung und Totschlag
BGH 3 StR 558/09 (02.02.2010)

Raub und gefährliche Körperverletzung
BGH 3 StR 176/01 (20.06.2001)


Vernehmung einer Zeugin bei Sexualdelikt und Körperverletzung
Bundesverfassungsgericht 2 BvR 261/14 (27.02.2014)

Die Beschwerdeführerin soll als Zeugin im Strafverfahren wegen eines Sexualdelikts und Körperverletzung aussagen. Sie ist eine mutmaßliche Geschädigte. Dem Angeklagten wird vorgeworfen, zwischen 2008 und 2013 acht Frauen bewusstseinstrübende Substanzen in die Getränke gemischt zu haben. In sechs dieser Fälle soll er mit den Frauen unter Ausnutzung der Widerstandsunfähigkeit den Geschlechtsverkehr vollzogen haben. Nach Aussage des Angeklagten wurde der Geschlechtsverkehr einvernehmlich durchgeführt. Die Beschwerdeführerin erstattete keine Anzeige. Es wurde erst später bekannt, dass sie möglicherweise auch eine Geschädigte ist und wurde daher als Zeugin vernommen. Die gerichtliche Vernehmung der Beschwerdeführerin ist für den 04. März 2014 vorgesehen. Sie ist inzwischen als Nebenklägerin beigetreten.

Im Januar beantragte die Vertreterin der Nebenklägerin, dass die Vernehmung audiovisuell vorgenommen werden soll. Dabei wird die Aussage der Zeugin zeitgleich im Sitzungssaal übertragen (Bild und Ton). Es wird also nicht nur eine Aufzeichnung der Vernehmung vorgespielt. Bereits durch die Vernehmung durch die Polizei sei ihr Leben „aus den Bahnen“ geworfen worden. Die therapeutischen Fortschritte seien durch eine direkte Konfrontation mit dem Angeklagten gefährdet. Eine Vernehmung im Gerichtssaal würde zu einem nochmaligen Durchleben der Tat führen und könnte eine mit hoher Wahrscheinlichkeit eine längerfristige seelische Destabilisierung oder gar eine Retraumatisierung hervorrufen. Bei ihr liegt eine posttraumatische Belastungsstörung vor, die im Zusammenhang mit dem sexuellen Übergriff steht.

Das Gericht lehnte den Antrag auf Durchführung der audiovisuellen Vernehmung ab. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin am 06.02.2014 Verfassungsbeschwerde. Sie macht eine Verletzung ihres Grundrechts aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG (körperliche Unversehrtheit) und einen Verstoß gegen das Willkürverbot geltend.

Ihr Antrag hat Erfolg. Die Vernehmung als Zeugin darf vorerst nicht direkt, sondern nur audiovisuell vorgenommen werden.

Grundsätzlich ist erst der Rechtsweg über die jeweiligen Fachgerichte zu gehen, bevor das Verfassungsgericht entscheidet. Die Entscheidung des Landgerichts, mit der die audiovisuelle Vernehmung abgelehnt wird, ist jedoch unanfechtbar, sodass gleich eine Entscheidung des Verfassungsgerichts zulässig ist.

Das Verfassungsgericht entscheidet in diesem Eilverfahren aufgrund einer Abwägung. Hier spricht nach Auffassung des Verfassungsgerichts einiges dafür, dass die Interessen der Geschädigten (also der Beschwerdeführerin) vom Landgericht nicht hinreichend berücksichtigt wurden. Auch hält das Gericht es für möglich, dass die Entscheidung auf sachfremden Erwägungen beruhen und damit willkürlich sein könnte. Genannt wird die möglicherweise fehlende technische Ausstattung des Gerichts.

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Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs
OLG Hamm, III 1 RVs 15/14 (vom 20.02.2014)

Der Angeklagte fuhr mit einem PKW auf das Opfer zu. Das Opfer sprang zur Seite und erlitt dabei eine Rückenzerrung. Das Amtsgericht Kamen verurteilte den Angeklagten unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung. Das Oberlandesgericht Hamm verneinte in diesem Fall das Vorliegen einer gefährlichen Körperverletzung.

Eine gefährliche Körperverletzung liegt gemäß § 224 Absatz 1 Nr. 2 StGB dann vor, wenn der Täter die Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs begeht. Das Auto, mit dem der Täter hier auf das Opfer zufährt, ist ein gefährliches Werkzeug im Sinne dieser Vorschrift. Problematisch ist jedoch, ob die Körperverletzung auch „mittels“ eines gefährlichen Werkzeugs begangen wurde. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) ist es erforderlich, dass das gefährliche Werkzeug unmittelbar auf den Körper einwirkt. Hier erfolgte die Einwirkung nur mittelbar.

Das Oberlandesgericht (OLG) hat Zweifel, ob dieser Rechtsprechung des BGH zu folgen ist. Nach Auffassung des OLGs kann die gefährliche Körperverletzung auch ohne Kontakt mit dem Körper des Opfers vorliegen. Das OLG meint, dass sich die Gefährlichkeit des Werkzeugs auch in besonders gefährlichen Rettungsaktionen widerspiegeln kann.

Die Frage, ob eine einfache Körperverletzung oder eine gefährliche Körperverletzung vorlag, musste vom OLG nicht abschließend geklärt werden. Auch eine Vorlage an den Bundesgerichtshof war nicht erforderlich. Das OLG konnte das Verfahren an das Amtsgericht zurückverweisen. Es gab keine hinreichenden Feststellungen dazu, ob auch ein Vorsatz hinsichtlich der Körperverletzung vorlag.

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Gefährliche Körperverletzung und schwere Körperverletzung
BGH 3 StR 301/13 (26.11.2013)

Das Landgericht verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher und schwerer Körperverletzung. Die Revision des Angeklagten blieb erfolglos. Zugunsten der Angeklagten ist davon auszugehen, dass das Opfer von einem Mitangeklagten gegen den Kopf getreten wurde, wodurch das Opfer gegen den Türpfosten schlug. Dem Angeklagten war bewusst, dass es im Laufe der Auseinandersetzung zu Handlungen kommen könnte, die mit Tötungsvorsatz ausgeführt werden. Ein Vorsatz hinsichtlich des Totschlags lag vor, da dieser keine genaue Vorstellung der einzelnen möglichen Tathandlungen erfordert.

Die gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 Absatz 1 Nr., 4 StGB („mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich“) steht in Tateinheit zur schweren Körperverletzung. Sie tritt nicht im Wege der Gesetzeskonkurrent zurück, um das Tatunrecht zum Ausdruck zu bringen. Die schwere Körperverletzung bringt den sogenannten Taterfolg (die Schwere der Verletzung) zum Ausdruck. Die gefährliche Körperverletzung ist Ausdruck der besonders verwerflichen Tatbegehung, die zu einer eingeschränkten Verteidigungsmöglichkeit des Opfers geführt hat.

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Gefährliche Körperverletzung und einfache Körperverletzung
BGH 4 StR 275/13 (30.07.2013)

Die Angeklagte fuhr mit ihrem Auto mit Absicht auf den Geschädigten auf, der mit dem Fahrrad fuhr. Der Geschädigte stürzte und zog sich erst durch den Sturz und nicht schon durch die Kollision Verletzungen zu.

In diesem Verhalten liegt nur eine einfache vorsätzliche Körperverletzung und keine gefährliche Körperverletzung. Eine gefährliche Körperverletzung liegt beispielsweise dann vor, wenn die Körperverletzung mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs begangen wird (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB). In dieser Begehungsform setzt die gefährliche Körperverletzung allerdings voraus, dass das gefährliche Tatmittel unmittelbar gegen den Körper geführt wird. Das ist hier nicht passiert. Die Verletzungen sind hier erst mittelbar durch den Sturz entstanden und nicht unmittelbar durch die Kollision mit dem Fahrzeug der Angeklagten. Die Sturzverletzungen sind daher lediglich Folgen einer einfachen Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB.

Weiterhin reichen die Feststellungen des Gerichts auch nicht aus, um eine gefährliche Körperverletzung in einer anderen Begehungsweise anzunehmen. Gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB liegt eine gefährliche Körperverletzung auch bei einer das Leben gefährdenden Behandlung vor. Dass hier eine das Leben gefährdende Behandlung vorliegen soll, ergibt sich nicht aus den Ausführungen des Gerichts.

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Verteidigungswille bei Körperverletzung und versuchtem Totschlag in Notwehr
BGH 4 StR 551/12 (25.04.2013)

Der Angeklagte war Mitglied mehrerer Zusammenschlüsse mit rechtsradikaler Gesinnung. Nachdem er von Personen aus dem linken Spektrum als Rechtsradikaler geoutet wurde, erklärte er gegenüber einer anderen Person, er müsse nur darauf warten, dass er angegriffen werde. „Das Schöne daran, es wäre sogar Notwehr“, ergänzte der Angeklagte. Am Tatabend fungierte der Angeklagte als Einweiser für Ortsfremde zu einer angemeldeten Veranstaltung. Er befand sich allein in seinem Fahrzeug auf einem Parkplatz in der Nähe der Veranstaltungsgeländes, als eine Gruppe von fünf Personen aus der linken Szene (einer aus der Gruppe führte einsatzbereit ein Pfefferspray bei sich) auf den Angeklagten zukamen, um diesen körperlich zu attackieren. Der Angeklagte erkannte den bevorstehenden Angriff, startete sein Auto und fuhr auf die Angreifer zu. Dabei erkannte er, dass er die Angreifer möglicherweise mit dem Auto erfassen und verletzen könnte, mit der Verursachung von tödlichen Verletzungen rechnete er nicht. Einer der Angreifer sprang aus ungeklärten Gründen nicht zur Seite, sondern wurde von dem Auto mit 25 bis 30 km/h erfasst. Er erlitt eine Hirnblutung, wobei unklar ist, ob Spätfolgen bleiben. Anstatt auf die Gruppe der Angreifer zuzufahren, hätte der Angeklagte zumindest einen sicheren Weg gehabt, um mit dem Auto vor der Gruppe zu fliehen.

Das Landgericht hat den Angeklagten freigesprochen, weil er aufgrund eines Notwehrexzesses ohne Schuld gehandelt habe (§ 33 StGB).

Der Bundesgerichtshof beanstandet die Begründung des Landgerichts und verweist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück. Es lag eine Notwehrlage vor. Diese setzt einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff voraus. Der Angriff war hier auch schon gegenwärtig, auch wenn die körperliche Auseinandersetzung selbst noch nicht begonnen hat. Das Landgericht hat nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht ausreichend dargelegt, dass der Angeklagte auch mit Verteidigungswillen gehandelt hat. Das Kennen der Notwehrlage allein reiche dazu nicht aus. Ein Verteidigungswille schließt nicht aus, dass auch andere Motive eine Rolle spielen. Eine Rechtfertigung des Angeklagten wegen Notwehr kann aber dann nicht in Betracht kommen, wenn die anderen Motive so dominant sind, dass der Verteidigungswille dahinter zurücktritt. Insbesondere aufgrund der früheren Äußerungen des Angeklagten, eine auftretende Notwehrsituation ausnutzen zu wollen, kann hier nicht ausgeschlossen werden, dass der Wille zur Verteidigung in Notwehr hier das leitende Motiv war.

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Einwilligung in Körperverletzung bei Schlägerei
BGH 1 StR 585/12 (20.02.2013)

Das Landgericht Stuttgart hat drei Angeklagte wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Diese hatten nach vorangegangenen gegenseitigen Provokationen mit einer anderen Gruppe verabredet, sich miteinander zu schlagen. Den Eintritt auch erheblicher Verletzungen billigten sie. Eines der Opfer verlor durch die Körperverletzung drei Zähne im Unterkiefer und erlitt eine Verschiebung der Nasenscheidewand, die einer operativen Korrektur bedurfte. Einem anderen Opfer versetzten die Angeklagten Tritte gegen den Kopf. Durch die gemeinschaftliche Körperverletzung der Angeklagten erlitt dieser Geschädigte noch weitere Verletzungen und musste drei Tage stationär, einen davon auf der Intensivstation, im Krankenhaus behandelt werden.

Der Straftatbestand der gefährlichen Körperverletzung war erfüllt. Es kam jedoch eine Rechtfertigung durch Einwilligung in Betracht. Das Gericht hatte daher zu entscheiden, ob die Opfer wirksam in die Körperverletzung einwilligen konnten.

Durch die faktische Übereinkunft haben alle Beteiligten an sich in die gegenseitigen Körperverletzungen eingewilligt, auch die Schwere der Verletzungen war von den Einwilligungen erfasst. Die Körperverletzungen verstoßen aber gegen die guten Sitten, so dass sie nicht gemäß § 228 StGB gerechtfertigt sind. Dies ergibt sich auch aus dem Schutzzweck von § 231 StGB (Beteiligung an einer Schlägerei), der als abstraktes Gefährdungsdelikt konzipiert ist. Die Angeklagten haben sich daher wegen gefährlicher Körperverletzung strafbar gemacht.

Der Grad der Gefahr für Leib und Leben des Opfers sowie die Schwere der durch die Körperverletzung eingetretenen Folgen sind für die Vereinbarkeit einer Körperverletzung mit den guten Sitten maßgeblich. Sittenwidrigkeit liegt demnach vor, wenn das Opfer in konkrete Todesgefahr gebracht wird. Maßgeblich für die Beurteilung der Gefahr ist die Betrachtung vor der eigentlichen Körperverletzung. Anders ist es bei Körperverletzungen bei sportlichen Wettkämpfen. Hier sind erhebliche Folgen durch die Körperverletzung auch dann von der Einwilligung erfasst, wenn diese nach dem maßgeblichen Regelwerk gestattet sind. Bei einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Abweichung vom Regelwerk sind die Körperverletzungshandlung und der daraus resultierende Körperverletzungserfolg nicht mehr von der Einwilligung erfasst und damit strafbar.

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Einwilligung in Körperverletzung bei Operation
BGH 1 StR 320/12 (20.02.2013)

Der Angeklagte ist Arzt. Der Geschädigte litt an Leberzirrhose. Standard bei dieser Erkrankung ist die Leberzelltransplantation. Diese lehnte der Geschädigte ab. Auf der Suche nach alternativen Behandlungsmethoden kam er in Kontakt mit dem Angeklagten. Nach Sichtung der Krankenunterlagen bezeichnete der Angeklagte die Leberzelltransplantation als „letzten Rettungsanker“ und betonte, dass er „es trotz der geringen Erfahrungswerte“ versuchen wolle. Bei diesem Verfahren werden Leberzellen aus dem Leberzellgewebe des Patienten isoliert, kultiviert und in einer Biomatrix aufgebracht. Später werden sie in das Dünndarmmesenterium implantiert, wo sie die Leberfunktion unterstützen.

Es gab noch zwei weitere Aufklärungsgespräche und der Geschädigte erhielt schriftliches Informationsmaterial. Er war über Risiken und Chancen der Behandlungsmethode in Kenntnis gesetzt. Aber über einige Faktoren, die für die Beurteilung des medizinischen Nutzens relevant sind, war er nicht ausreichend informiert. Er erteilte am 16.09.2006 seine Einwilligung. Der Angeklagte ging davon aus, dass die Aufklärung ausreichend war. Die Operation wurde am 26.09.2006 lege artis (also kunstgerecht) ausgeführt. Der Zustand des Geschädigten verschlechterte sich und er verstarb am 25.11.2006.

Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge und gefährliche Körperverletzung freigesprochen. Der Bundesgerichtshof hat diesen Freispruch bestätigt.

Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht davon ausgegangen, dass keine wirksame Einwilligung vorliegt, da nicht hinreichend über die „Neulandmethode“ aufgeklärt wurde. Jedoch lagen die Voraussetzungen einer Rechtfertigung wegen einer hypothetischen (mutmaßlichen) Einwilligung in die Behandlung vor. Der Geschädigte hatte die unbedingte Bereitschaft, sich trotz der geringen Erfahrungswerte operieren zu lassen. Eine andere Bewertung würde sich nur ergeben, wenn der Angeklagte über die mangelnden gesicherten Erfolgsaussichten getäuscht hätte.

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Körperverletzung mit Todesfolge nach Alkoholkonsum
BGH 5 StR 523/12 (07.11.2012)

Der Angeklagte, der nicht vorbestraft war, konsumierte häufig Alkohol in großer Menge. Am Tag der Tat hatte er seit dem Morgen Wodka und Weizenkorn getrunken. Er traf das spätere Tatopfer, als er weiteren Alkohol besorgte. Auch das Opfer war erheblich angetrunken. Sie gingen gemeinsam in die Wohnung des Angeklagten. Es gab keinen Streit. Das Opfer schlief irgendwann ein. Der Angeklagte stach dem Opfer mit einem spitzen Gegenstand in den Bauch. Das Opfer zeigte keine Reaktion. Es trat auch keine größere Menge Blut aus. Der Angeklagte legte sich auf den Boden und schlief ebenfalls ein. Es war während der gesamten Zeit noch eine weitere Person anwesend, die ebenfalls erheblich alkoholisiert war. Auch diese Person war bereits vor der Tat eingeschlafen. Das Opfer verblutete innerlich nach kurzer Zeit und hatte zu diesem Zeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von 3,1 Promille.

Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf und verwies das Verfahren an das Landgericht zurück.

Das Landgericht hatte sich nicht ausreichend mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit die weitere Person als Täter infrage kommt. Allein aus der Tatsache, dass diese Person angab, mit der Tat nichts zu tun zu haben, könne nicht auf die Täterschaft des Angeklagten geschlossen werden. Die Tatsache, dass kein Tatmotiv zu erkennen sei, reiche nicht aus, da auch der Angeklagte selbst kein Motiv habe.

Weiterhin habe das Landgericht nur eine verminderte Schuldfähigkeit aufgrund des Alkoholkonsums angenommen. Die Alkoholisierung des Angeklagten war erheblich, er hatte eine Blutalkoholkonzentration von etwa drei Promille. Eine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit gemäß § 20 StGB habe das Landgericht nicht rechtsfehlerfrei ausgeschlossen. Aufgrund der Tatsachen, dass die Tat ohne Motiv begangen wurde und der Angeklagte sich unmittelbar nach der Tat hinlegte und schlief, liegt die Möglichkeit eines „absoluten Ausnahmezustandes“ nahe.

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Körperverletzung mit Todesfolge und Totschlag
BGH 5 StR 238/12 (16.08.2012),

Der Angeklagte ist Arzt. Im März führte er bei einer Patientin in seiner Praxis eine mehrstündige Schönheitsoperation durch. Während dieser Operation erlitt die Patientin einen Herzstillstand. Nach erfolgreicher Wiederbelebung blieb die Patientin bewusstlos. Der Angeklagte, der auch über umfangreiche Erfahrungen in der Intensiv- und Rettungsmedizin verfügte, wusste auch, dass die vorliegende posthypoxische Hirnschädigung zum Tode führen könnte. Er ging zunächst jedoch davon aus, dass die Patientin nicht sterben, sondern das Bewusstsein nach kurzer Zeit wiedererlangen würde. Als diese Zeit vergangen war, erkannte er, dass das Gehirn Schaden genommen hat und dass die Patientin daran versterben würde. Er war der Auffassung, dass auch eine sofortige intensivmedizinische Behandlung das Leben der Patientin nicht mehr gerettet hätte. Die Patientin wurde in ein Krankenhaus eingeliefert. Um den Krankenhausärzten die Schuld am Tod der Patientin zuzuschreiben, informierte er diese nur unzureichend über den Gesundheitszustand der Patientin, um somit die Gefahr fehlerhafter Anschlussbehandlungen zu steigern.

Das Landgericht Berlin hatte den Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge und versuchten Totschlag verurteilt. Der Angeklagte und der Nebenkläger legten gegen das Urteil Revision ein. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil teilweise auf, erhielt aber die Feststellungen zum Verbrechen der Körperverletzung mit Todesfolge aufrecht. Der Bundesgerichtshof beanstandete die Begründung des bedingten Tötungsvorsatzes. Weiterhin wurden die Mordmerkmale Verdeckungsabsicht und niedrige Beweggründe nicht hinreichend geprüft. Das Verfahren wurde an das Landgericht zurückverwiesen.

Das Landgericht verurteile den Angeklagten nunmehr wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchtem Mord durch Unterlassen. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte Revision ein. Der Bundesgerichtshof hob die Verurteilung wegen versuchten Mordes durch Unterlassen auf und verwies das Verfahren an das Landgericht zurück. Die Begründung des Vorsatzes hinsichtlich der Tötung der Patientin (also des Mordes) ist widersprüchlich und lückenhaft. Aus dem Versuch des Angeklagten, die Verantwortung für den Tod der Patientin auf die Krankenhausärzte verlagern zu wollen, könne nicht geschlossen werden, dass ein Tötungsvorsatz schon in der Tatsituation vorlag. Dies seien zwei unterschiedliche Situationen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte die Aussichtslosigkeit der Rettungsbemühungen erkannt hat, nachdem die Wirkung der Narkosemittel beendet war.

Für die Strafzumessung weist der Bundesgerichtshof darauf hin, dass die Annahme eines minder schweren Falles der Körperverletzung mit Todesfolge fernliegend erscheint. Dies ergibt sich aus der gravierenden Verletzung der Aufklärungspflicht, der Verletzung ärztlicher Standards und dem Nachtatverhalten, das von Eigensucht geprägt war. Da kein Vorsatz hinsichtlich der Tötung feststellbar war, kommt eine Verurteilung wegen Mordes oder Totschlags nicht in Betracht. Mordmerkmale wie Verdeckungsabsicht oder niedrige Beweggründe sind daher nicht mehr zu prüfen.

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Vorsatz hinsichtlich Körperverletzung und Totschlag
BGH 3 StR 558/09 (02.02.2010)

Der alkoholisierte Angeklagte traf mit dem ebenfalls alkoholisierten Mitangeklagten auf das Opfer. Ohne Grund prügelten sie das Opfer in einen Hinterhof, wo dieses hinfiel. Beide traten auf das Opfer ein, der Mitangeklagte mindestens fünfmal sehr kräftig gegen den Kopf des Opfers, der Angeklagte versetzte dem Opfer einen leichten Tritt gegen den Kopf. Dabei handelte er mit Körperverletzungsvorsatz. Er hatte keinen Vorsatz bezüglich einer Tötung des Opfers. Das Opfer erlitt Brüche des Gesichtsschädels, die zu einer lebensbedrohlichen Schwellung des Gehirns führten. Der Angeklagte hat bei der Tat die Lebensgefährlichkeit seines Handelns ebenso erkannt wie die Tatsache, dass der Mitangeklagte durch sein Zusehen zum Weiterhandeln ermutigt wurde. Nach Feststellungen des Landgerichts war es ihm gleichgültig, ob das Opfer durch die Tritte des Mitangeklagten stirbt. Nach der Beweisaufnahme ist zugunsten des Angeklagten anzunehmen, dass sein Tritt erst nach den Tritten des Mitangeklagten erfolgte.

Das Landgericht Duisburg verurteilte den Angeklagten wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe. Der Bundesgerichtshof hob die Verurteilung auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Duisburg zurück.

Die Ausführungen zum Vorsatz des versuchten Totschlags rechtfertigen die Verurteilung nicht. Grundsätzlich liegt zwar bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen nahe, dass ein Täter damit rechnet, dass das Opfer stirbt. Weil bei einer Tötung eine besonders hohe Hemmschwelle vorliegt, ist aber auch immer die Möglichkeit zu berücksichtigen, dass der Täter die Gefahr des Todes nicht erkannt oder zumindest darauf vertraut hat, dass der Tod nicht eintritt. Dies gilt insbesondere bei spontanen und unüberlegten Taten. Ein Vorsatz setzt immer voraus, dass der Täter den Eintritt des Erfolges (beim Totschlag also den Tod des Opfers) will. Deshalb muss anhand aller Umstände geprüft werden, ob das Wollenselement und damit der Vorsatz vorliegt.

Hier hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Tritte durch den Mitangeklagten mit Vorsatz hinsichtlich des Totschlags handelte, während er bei seinem Tritt nur mit dem Vorsatz einer gefährlichen Körperverletzung handelte. Darin liegt der Widerspruch, wie sich der Vorsatz innerhalb eines einheitlichen Tatgeschehens von Tötungsvorsatz zu Körperverletzungsvorsatz verändert hat.

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Raub und gefährliche Körperverletzung
BGH 3 StR 176/01 (20.06.2001)

Das Landgericht Lübeck verurteilte den Angeklagten wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen schweren Raubes. Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Angeklagte wegen Diebstahls in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung statt wegen Raubes zu verurteilen ist. Die Revision hinsichtlich der Verurteilung wegen schweren Raubes wurde verworfen.

Der Angeklagte und eine weitere Person verletzten das Opfer. Während die andere Person das Opfer weiter bedrohte, um es davon abzuhalten, die Polizei zu rufen, nutzte der Angeklagte die Gelegenheit und durchsuchte die Wohnung des Opfers. Dabei fand er das Handy und steckte es ein.

Damit sind die rechtlichen Voraussetzungen eines Raubes nicht erfüllt. Ein Raub setzt voraus, dass das Nötigungsmittel (zum Beispiel Gewalt) zur Wegnahme eingesetzt wird. Es muss eine „subjektiv-finale“ Verknüpfung geben. Daran fehlt es hier, so dass sich der Angeklagte wegen Diebstahls strafbar gemacht hat. Das Landgericht hatte die Strafe in diesem Fall dem Regelstrafrahmen der gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 StGB entnommen und einen minder schweren Fall des Raubes angenommen. Für das Revisionsgericht lag ein besonders schwerer Fall des Diebstahls (unbenannter Fall) nahe, so dass sich der Strafrahmen für den Diebstahl aus § 243 StGB ergibt. Daher kann der Schuldausspruch (gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Diebstahl im besonders schweren Fall) geändert werden, ohne den Strafausspruch zu ändern.

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