Strafprozessrecht

Informationen zum Strafprozessrecht

Der Begriff des allgemeinen Strafrechts beinhaltet alle Delikte, die im Strafgesetzbuch erfasst sind. Darüber hinaus gibt es das Nebenstrafrecht. Hierzu gehören Delikte aus anderen Gesetzen (Betäubungsmittelgesetz, Straßenverkehrsgesetz, Medizinproduktegesetz).

Ein Ermittlungsverfahren wird eingeleitet, wenn ein Anfangsverdacht besteht. Sowohl im Strafrecht wie auch im Nebenstrafrecht leitet die Staatsanwaltschaft als Herrin des Ermittlungsverfahrens, die Ermittlungen. Die Ermittlungen werden in der Praxis zum größten Teil von der Polizei durchgeführt. Nur wenige Maßnahmen im  Ermittlungsverfahren bedürfen im Regelfall eines richterlichen Beschlusses. Aber auch dann, wenn für den Regelfall eine richterliche Entscheidung vorgesehen ist, kann im Einzelfall die Eilkompetenz der Staatsanwaltschaft oder der Polizei greifen. Dies gilt beispielsweise bei der Blutentnahme oder der Durchsuchung einer Wohnung oder von Geschäftsräumen. Ein Haftbefehl kann dagegen stets nur von einem Richter erlassen werden. Während des Ermittlungsverfahrens ist es für den Erlass eines Haftbefehls erforderlich, dass die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Erlass eines Haftbefehls stellt. Ein Haftbefehl setzt voraus, dass ein sogenannter Haftgrund vorliegt. In der Strafprozessordnung sind fünf Haftgründe benannt. Von größter Bedeutung ist die Fluchtgefahr. Der Haftgrund der Fluchtgefahr liegt dann vor, wenn zu befürchten ist, dass der Beschuldigte versucht, sich dem Strafverfahren durch Flucht zu entziehen. Besonders häufig wird dieser Haftgrund bejaht, wenn jemand ohne festen Wohnsitz (ofW) ist. In diesen Fällen wird bereits wegen geringer Vergehen ein Haftbefehl erlassen. Ein weiterer Haftgrund ist die Flucht. Auch die Verdunklungsgefahr ist unter den Haftgründen von großer praktischer Bedeutung. Verdunkelungsgefahr  liegt vor, wenn Grund zur Annahme besteht, dass der Beschuldigte, wenn er sich nicht in Untersuchungshaft befindet, auf Beweismittel einwirkt und damit den Beweis im Strafverfahren beeinträchtigt. Eine solche Einwirkung kann darin liegen, dass der Beschuldigte Kontakt zu Zeugen aufnimmt und diese zu gewissen Aussagen zwingt. Eine weitere Möglichkeit der Verdunklung ist die Manipulation von Dokumenten oder gespeicherten Informationen. Sofern die Staatsanwaltschaft keinen Haftgrund sieht oder aus anderen Gründen keinen Haftbefehl beantragt, kann im Ermittlungsverfahren kein Haftbefehl erlassen werden. Die Voraussetzungen, unter denen ein Haftbefehl im Hauptverfahren erlassen werden kann, verändern sich nicht gegenüber dem Ermittlungsverfahren.

Neben der Durchsuchung und der Blutentnahme ist eine Vielzahl von Ermittlungsmaßnahmen im Strafprozessrecht (in der Strafprozessordnung) geregelt. Am Ende des Ermittlungsverfahrens, also nach Abschluss der Ermittlungen, entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob Anklage bei Gericht erhoben wird oder ob das Verfahren eingestellt wird. Das Ermittlungsverfahren wird beispielsweise dann eingestellt, wenn die Ermittlungen ergeben haben, dass die Begehung einer Straftat nicht nachgewiesen werden kann. Ferner kann das Ermittlungsverfahren bei geringer Schuld (oder dann, wenn die Schuld einer Einstellung nicht entgegensteht) mit oder ohne Auflagen eingestellt werden. Wenn die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren nicht einstellt, erhebt sie Anklage beim zuständigen Gericht. Das kann das Amtsgericht (Strafrichter oder Schöffengericht) oder das Landgericht (Große Strafkammer, gegebenenfalls auch als Schwurgericht) sein. In Ausnahmefällen kann die Anklage auch beim Oberlandesgericht erhoben werden. Dazu verfasst sie eine Anklageschrift und übersendet die Akten an das Gericht. Mit dem Abschluss des Ermittlungsverfahrens entsteht das Recht auf Akteneinsicht durch einen Rechtsanwalt. Die Akteneinsicht kann auch gewährt werden, wenn der Beschuldigte nicht durch einen Rechtsanwalt (Strafverteidiger) vertreten wird. Bevor das Ermittlungsverfahren abgeschlossen ist, kann dem Verteidiger Einsicht in die Ermittlungsakten gewährt werden, aber es besteht kein Anspruch hierauf.

Mit der Erhebung der Anklage ändern sich die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls. Ab Anklageerhebung entscheidet das Gericht ohne Antrag der Staatsanwaltschaft, ob gegen den Beschuldigten, der an dieser Stelle des Strafverfahrens auch als Angeschuldigter bezeichnet wird, ein Haftbefehl erlassen wird (die Staatsanwaltschaft ist nur die Herrin des Ermittlungsverfahrens). Sobald das Gericht einen Eröffnungsbeschluss erlassen hat, wird der Beschuldigte als Angeklagter bezeichnet. Das Gericht bestimmt einen Termin zur Hauptverhandlung, zu dem der Angeklagte und gegebenenfalls dessen Rechtsanwalt als Verteidiger, die Staatsanwaltschaft und die Zeugen geladen werden. In den meisten Fällen endet die Hauptverhandlung vor Gericht mit einem Urteil und der Angeklagte wird wegen der (vermeintlichen) Straftaten entweder freigesprochen oder verurteilt. Der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft haben die Möglichkeit, das Urteil zu akzeptieren oder Rechtsmittel (Berufung oder Revision) einzulegen. Die Staatsanwaltschaft kann auch zugunsten des verurteilten Angeklagten Rechtsmittel einlegen.

Das Strafrecht kennt bei Erwachsenen nur eine geringe Zahl unterschiedlicher Arten von Strafen. Es gibt Geldstrafen und Freiheitsstrafen, wobei eine Freiheitsstrafe auch häufig zur Bewährung ausgesetzt wird. Wenn das Gericht einen Angeklagten (Beschuldigten) zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung aussetzt, werden sogenannte Bewährungsauflagen festgesetzt. Beispielsweise kann der Verurteilte verpflichtet werden, einen Geldbetrag an das Opfer (den durch die Straftat Geschädigten) oder an eine gemeinnützige Einrichtung zu zahlen. Weiterhin können Nebenstrafen, beispielsweise ein Fahrverbot, verhängt werden. Weiterhin gibt es die Maßregeln der Besserung und Sicherung. Diese haben ein anderes Ziel als Geldstrafen und Freiheitsstrafen. Maßregeln der Besserung und Sicherung sind beispielsweise die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, einer Entziehungsanstalt oder der Sicherungsverwahrung.