Auf dieser Seite finden Sie Entscheidungen zum Thema Betrug.
Leerspielen von Spielautomaten
KG Berlin (3) 161 Ss 216/13 (160/13) (08.12.2014)
Betrug bei Abrechnung unterqualifizierter Mitarbeiter
BGH 4 StR 21/14 (16.6.2014)
Trinkgeldzahlung als Betrug
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 9 KR 384/12 (07.05.2014)
Verbrechensverabredung zum gewerbsmäßigen Bandenbetrug
BGH 2 StR 526/11 (08.08.2013)
Betrug durch Unterlassen (Rente nach dem Tod)
KG Berlin 4 Ws 46/12 (23.05.2012)
Abgrenzung zwischen Diebstahl und Betrug beim „Schwarztanken“
BGH 4 StR 632/11 (10.01.2012)
Vermögensschaden bei Betrug und Erpressung
BGH 4 StR 58/08 (27.05.2008)
Leerspielen von Spielautomaten
KG Berlin (3) 161 Ss 216/13 (160/13) vom 08.12.2014
Die Angeklagten erspielten in einem Spielcasino an mehreren Automaten eines bestimmten Typs Geldbeträge von mehreren hundert Euro. Dabei nutzten die Angeklagten einen Fehler in der Software aus. Das Amtsgericht verurteilte die Angeklagten wegen Computerbetruges. Im Berufungsverfahren wurden die Angeklagten vom Landgericht freigesprochen. Gegen diesen Freispruch ging die Staatsanwaltschaft in Revision. Das Revisionsgericht bestätigte den Freispruch, weil die Angeklagten sich nicht wegen Computerbetruges und auch nicht wegen Unterschlagung strafbar gemacht hatten.
Der Computerbetrug gemäß § 263a StGB ist eine Vorschrift, die große Ähnlichkeit zum Betrug gemäß § 263 StGB hat. Ein Betrug setzt immer voraus, dass sich ein Mensch aufgrund einer Täuschung irrt. Sofern nur auf einen Computer eingewirkt wird, fehlt es an der beim Betrug erforderlichen Täuschung. Da in diesem Fall nur auf das Gerät eingewirkt wurde, liegt kein Betrug vor, sondern allenfalls ein Computerbetrug.
Für den Computerbetrug beschreibt das Gesetz vier Möglichkeiten der Begehung. Hier kam nur das unbefugte Einwirken auf den Ablauf eines Datenverarbeitungsvorgangs in Betracht. Das Merkmal „unbefugt“ wird dabei so verstanden, dass die Handlung des Täters (wie beim Betrug) Täuschungswert haben muss. Daran fehlt es hier, weil der Automat ordnungsgemäß benutzt wurde. Die Tatsache, dass mehrfach eine Tastenkombination genutzt wurde, die zu den Gewinnen führte, ist nur eine Ausnutzung des Fehlers. Übertragen auf den Betrug nutzten die Angeklagten hier einen bereits bestehenden Irrtum aus.
Auch eine Unterschlagung an dem Münzgeld, das der Automat herausgab, liegt nicht vor. Eine Unterschlagung setzt voraus, dass sich der Täter eine fremde bewegliche Sache zueignet. Die Münzen waren hier nicht fremd, weil das Eigentum wirksam übertragen wurde. Die Bedienung des Automaten war ordnungsgemäß, deswegen war auch die Eigentumsübertragung an den ausgezahlten Münzen wirksam. Die Münzen waren damit kein taugliches Tatobjekt für eine Unterschlagung oder einen Diebstahl.
Betrug bei Abrechnung unterqualifizierter Mitarbeiter
BGH 4 StR 21/14 vom 16.6.2014
Der Bundesgerichtshof hatte zu entscheiden, ob bei einer Abrechnung von unterqualifiziertem Personal ein Vermögensschaden und damit ein Betrug vorliegt. Angeklagt war die Betreiberin eines ambulanten Pflegedienstes. Sie hatte eine Vereinbarung mit der Krankenkasse eines Wachkomapatienten, den sie betreute. Vereinbart war, dass die Betreuung des Patienten nur durch Fachpersonal (Fachausbildung für Intensivpflege) eingesetzt wird. Das tatsächlich eingesetzte Personal erfüllte diese Voraussetzungen aber nicht. Die Angeklagte rechnete mit der Krankenkasse aber gemäß der Vereinbarung ab. Der Patient wurde gut versorgt. Dennoch verurteilte das Landgericht die Angeklagte wegen Betruges.
Der Bundesgerichtshof bestätigte diese Verurteilung. Die entscheidende Frage war, ob der Krankenkasse ein Vermögensschaden entstanden war.
Nach der sozialrechtlichen Gesetzeslage ist allein die formale Qualifikation für den Vergütungsanspruch des Leistungserbringers entscheidend. Das hat zur Folge, dass die Krankenkasse gar nichts zahlen muss, wenn die Leistung nicht durch qualifiziertes Fachpersonal erbracht wird. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsmäßigkeit dieser gesetzlichen Regelung bestätigt. Da die Krankenkasse gemäß der Vereinbarung an die Angeklagte gezahlt hat, liegt ein Vermögensschaden vor. Dieser beträgt die volle Höhe der bezahlten Beträge (250.000 Euro). Dass hier tatsächlich Leistungen erbracht wurden und der Patient gut versorgt war, spielt bei der Bezifferung des Schadens keine Rolle.
Trinkgeldzahlung als Betrug
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 9 KR 384/12 vom 07.05.2014
In diesem Gerichtsverfahren geht es eigentlich nicht um Strafrecht, aber das Gericht stellt in seinem Urteil dar, dass es das Verhalten der Klägerin als Betrug bewertet.
Die Klägerin ist Inhaberin eines Unternehmens, das sie als „Reinigungsservice“ bezeichnet. Das Unternehmen hat Verträge mit Einkaufszentren, Kaufhäusern und Flughäfen (beziehungsweise deren jeweiligen Betreibern). Aufgabe des Unternehmens ist es, den Betrieb der Kundentoiletten zu übernehmen (Reinigung und das Auffüllen von Handtüchern und Seife). In einigen Fällen war des dem Betrieb der Klägerin ausdrücklich untersagt, für die Benutzung der Toilette von den Kunden Geld zu verlangen. Dennoch stand in den Toilettenanlagen ein Teller, auf dem die Kunden Geld hinterlassen konnten und dies vielfach auch taten.
Das Unternehmen schloss Verträge mit seinen Mitarbeitern. Von den Auftraggebern wurde das Reinigungsunternehmen jeweils für seine Tätigkeiten bezahlt. Das Geld, das von den Toilettennutzern auf dem Teller hinterlassen wurde, durfte der jeweilige Mitarbeiter nicht für sich behalten. Das Geld wurde an das Reinigungsunternehmen abgegeben und die Mitarbeiter daher auch aus diesen Einnahmen bezahlt.
Das Sozialgericht wertet dies als Betrug gegenüber den Kunden, die Geld als Trinkgeld auf dem Teller hinterlassen mit der Annahme, dass der jeweilige Mitarbeiter das Geld für sich behalten darf.
Ein Betrug setzt zunächst eine Täuschung voraus. Hier wurde über die Verwendung der „Trinkgelder“ getäuscht. Die Gewerbeordnung und auch das Steuerrecht verstehen unter Trinkgeldern freiwillige Leistungen, die Arbeitnehmern zugutekommen. Das war hier nicht der Fall, da das Geld an das Reinigungsunternehmen abgegeben wurde.
Den für einen Betrug erforderlichen Irrtum sah das Gericht darin, dass die Kunden, die Trinkgeld geben, davon ausgehen, dass dieses nicht an das Unternehmen gezahlt wird, sondern dass der jeweilige Arbeitnehmer dieses behalten darf.
Ferner setzt ein Betrug auch voraus, dass eine Vermögensverfügung vorgenommen wird, die zu einem Vermögensschaden führt. Hier wussten die Kunden, die Trinkgelder zahlten, dass sie Geld bezahlten, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten. Ein Betrug liegt jedoch auch vor, wenn ein sozial anerkannter Zweck verfehlt wird. Das lag hier vor, weil die Kunden eigentlich dem Arbeitnehmer ein Trinkgeld geben wollten. Er sollte damit eine Vergütung zusätzlich zu seinem Lohn bekommen. Tatsächlich aber wurde der Lohn unter anderem aus diesen Trinkgeldern finanziert.
Da die Inhaberin auch vorsätzlich handelte und mit der Absicht, sich zu bereichern, lag ein Betrug zu Lasten der Kunden vor, die ein Trinkgeld bezahlt haben.
Verbrechensverabredung zum gewerbsmäßigen Bandenbetrug
BGH 2 StR 526/11 (08.08.2013)
Der Angeklagte und eine weitere Person verabredeten, ihren Lebensunterhalt durch die Begehung bestimmter Straftaten zu begehen. Sie hatten vor, betrügerische Tauschgeschäfte (gewerbsmäßiger Bandenbetrug) zu begehen. Dabei wurden Ort und Zeit der Tatbegehung sowie die potentiellen Opfer nicht festgelegt.
Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen der Verabredung zum Verbrechen des gewerbsmäßigen Bandenbetruges. Beim gewerbsmäßigen Bandenbetrug handelt es sich um ein Verbrechen (§ 12 StGB), da die Mindestfreiheitsstrafe ein Jahr beträgt. Daher ist schon die Verabredung des gewerbsmäßigen Bandenbetruges strafbar, auch wenn die einzelne Tat noch nicht einmal versucht wurde. Der Bundesgerichtshof hob die Verurteilung auf, da eine Verbrechensverabredung erst dann vorliegt, wenn die zu begehenden Betrugstaten nach Ort, Zeit und Opfer bestimmt sind.
Betrug durch Unterlassen (Rente nach dem Tod)
KG Berlin 4 Ws 46/12 (23.05.2012)
Die Beschuldigte hatte den Rentenversicherungsträger nicht über den Tod ihrer Mutter, deren Alleinerben sie war, informiert. Daher war die Rente (insgesamt 150.000 Euro) weiterhin gezahlt worden. Die Beschuldigte konnte über das Konto ihrer verstorbenen Mutter, auf das die Rente überwiesen wurde, verfügen. Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage wegen Betruges durch Unterlassen. Das Landgericht ließ die Anklage nicht zu, weil es den Tatbestand des Betruges nicht als erfüllt ansah. Ein Betrug durch Unterlassen setzt voraus, dass ein Täter eine Garantenpflicht hat. Eine solche Garantenpflicht hatte die Beschuldigte nicht. Sie ist nicht verpflichtet, den Tod der Mutter anzuzeigen. Die Garantenpflicht ergibt sich auch nicht aus § 60 I 2 SGB I, da dieser ein förmliches Verwaltungsverfahren voraussetzt, welches hier nicht stattgefunden hat. Auch aus Treu und Glauben ergibt sich hier keine Garantenpflicht hinsichtlich des Betruges, da zwischen der Beschuldigten und dem Rentenversicherungsträger kein Rechtsverhältnis bestand.
Abgrenzung zwischen Diebstahl und Betrug beim „Schwarztanken“
BGH 4 StR 632/11 (10.01.2012)
Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit Urkundenfälschung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Unterschlagung, weiterhin wegen schweren Raubes in Tateinheit mit Urkundenfälschung, wegen Diebstahls in zwei Fällen und wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Unterschlagung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren. Der Angeklagte legte Revision gegen das Urteil ein. Diese hatte nur hinsichtlich der Verurteilung wegen Unterschlagung Erfolg.
Der Angeklagte montierte in sechs Fällen gestohlene Kennzeichen an sein Fahrzeug, damit er unerkannt tanken konnte, ohne zu bezahlen. Im ersten dieser Fälle konnte das Landgericht nicht feststellen, ob die allein anwesende Kassiererin der Tankstelle den Vorgang bemerkt hat.
Wer gegenüber dem Personal der Tankstelle durch sein schlüssiges Verhalten zum Ausdruck bringt, den Kaufpreis für das Benzin zu entrichten, obwohl er dies gerade nicht vorhat, macht sich wegen (versuchten) Betruges und nicht wegen Diebstahls oder Unterschlagung strafbar. Ein Betrugsversuch liegt dann vor, wenn ein Täter nur glaubt, dass das Personal ihn wahrnimmt.
In dem Fall, in dem das Gericht nicht feststellen konnte, ob der Tankvorgang von den Mitarbeitern der Tankstelle bemerkt worden war, ist zugunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass er nicht bemerkt wurde. Der Bundesgerichtshof änderte die Verurteilung von Unterschlagung auf versuchten Betrug. Eines Hinweises nach § 265 Abs. 1 StPO bedurfte es nicht, da dem Angeklagten bereits in der Anklage ein Betrug zur Last gelegt wurde. Der Bundesgerichtshof schließt aus, dass das Tatgericht zu einer geringeren Strafe gekommen wäre, wenn es einen versuchten Betrug statt einer Unterschlagung angenommen hätte.
Vermögensschaden bei Betrug und Erpressung
BGH 4 StR 58/08 (27.05.2008)
Ein Zwischenhändler (der Zeuge in diesem Verfahren) bot dem Angeklagten ein Fahrzeug (Wert ca. 20.000 Euro) für 500 Euro zum Kauf an. Das Fahrzeug war zuvor von einer anderen Person gestohlen worden und der Zeuge sollte es verkaufen. Der Angeklagte hatte vor, sich das Fahrzeug zu verschaffen, ohne Geld dafür zu zahlen. Der Angeklagte verabredete mit dem Zeugen, zu einem gewissen Platz zu fahren. Der Angeklagte fuhr dabei das zu verkaufende Fahrzeug, der Zeuge fuhr mit einem anderen Auto hinterher. Entgegen der Verabredung fuhr der Angeklagte in ein Waldstück und zwang dort den Zeugen unter Verwendung eines waffenähnlichen Gegenstandes als Drohmittel, ihm das Fahrzeug endgültig ohne Gegenleistung zu überlassen.
Das Landgericht Rostock hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung verurteilt. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
Es lag nur ein Betrug und keine räuberische Erpressung vor. Der Angeklagte hat den Zeugen über seine Zahlungswilligkeit getäuscht und damit den Besitz am Transporter erlangt. Der beim Betrug erforderliche Vermögensnachteil liegt auch dann vor, wenn, wie hier, der Gegenstand gestohlen wurde. Auch der durch einen Diebstahl erlangte Besitz zählt zu dem Vermögen, das vom Tatbestand des Betruges geschützt ist.
Eine schwere räuberische Erpressung liegt jedoch nicht vor. Eine Erpressung setzt voraus, dass ein Vermögensschaden durch eine Bedrohung eintritt. Der Schaden war hier jedoch bereits durch den vorausgegangenen Betrug eingetreten. Der Schaden wurde auch durch die Drohung nicht weiter vertieft. Die Bedrohung diente allenfalls der Sicherung des bereits erlangten Vermögensvorteils. Der endgültige Verzicht des Zeugen stellt aber nur dann einen Vermögensschaden im Sinne der Erpressung dar, wenn die Forderung tatsächlich besteht und auch werthaltig ist. Daran fehlte es hier, weil der Zeuge keinen Zahlungsanspruch gegen den Angeklagten hat.