Auf dieser Seite finden Sie Entscheidungen von Gerichten aus Hamburg.
Schriftliche Übersetzung von Aktenbestandteilen
OLG Hamburg (06.12.2013)
Graffiti als gemeinschädliche Sachbeschädigung
OLG Hamburg 2 REV 72/13 (2) 2 Ss 118/13 (04.12.2013)
Berufungsverhandlung ohne den Angeklagten
OLG Hamburg 1 – 25/13 REV 1 Ss 68/13 (03.12.2013)
Falschbeurkundung im Amt durch TÜV-Sachverständigen
OLG Hamburg 1 Ss 202/12 (24.04.2013)
Schriftliche Übersetzung von Aktenbestandteilen
OLG Hamburg (06.12.2013)
Aus § 187 GVG lässt sich kein Anspruch auf schriftliche Übersetzung von Zeugenaussagen oder Urteilen ableiten, meint das Oberlandesgericht Hamburg. Der Angeklagte, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, war wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln angeklagt. Er begehrt die Übersetzung von Urteilen, die gegen die Mitbeschuldigten ergangen waren, und von Zeugenaussagen.
Das Gericht ist der Auffassung, dass es ausreichend ist, dass der Beschuldigte einen Verteidiger habe, der ihn über den Inhalt der Akten informieren könne. Der Dolmetscher für die Gespräche zwischen dem Beschuldigten und dem Verteidiger ist für den Beschuldigten kostenlos.
Graffiti als gemeinschädliche Sachbeschädigung
OLG Hamburg 2 REV 72/13 (2) 2 Ss 118/13 (04.12.2013)
Das Amtsgericht und das Landgericht Hamburg verurteilten den Angeklagten wegen Sachbeschädigung, weil er mehrfach die Außenflächen von S-Bahnwaggons mit Graffitis besprüht hatte. Das Oberlandesgericht (OLG)Hamburg verurteilte den Angeklagten wegen dieser Taten nicht nur wegen Sachbeschädigung gemäß § 303 StGB, sondern wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung gemäß § 304 StGB.
In § 304 StGB sind beispielsweise Gegenstände genannt, die dem öffentlichen Nutzen dienen. Hierzu gehören auch die besprühten Waggons. Und nach Auffassung des OLG Hamburg wird das Erscheinungsbild der Waggons durch die Graffitis derart verändert, dass die öffentliche Funktion in Mitleidenschaft gezogen wird. Nach Auffassung des Gerichts liegt die Aufgabe nicht allein im Transport von Fahrgästen, sondern auch darin, nach außen ein angemessenes Erscheinungsbild und Sauberkeit zu zeigen. Dies werde durch die Graffitis vereitelt. Weiterhin seien auch die Fenster der Waggons betroffen, die den Fahrgästen das Gefühl von Transparenz und Sicherheit vermitteln sollen. Die fehlende Möglichkeit, durch die Fenster zu gucken, lässt die Abschreckung für potentielle Gewalt- oder Sexualstraftäter entfallen, da eine geringere Wahrscheinlichkeit der Beobachtung besteht. Ferner sei der Gebrauch der Waggons auch dadurch beeinträchtigt, dass die Graffitis wieder entfernt werden müssen und für diesen Zeitraum nicht für den Transport von Fahrgästen zur Verfügung stünden.
Berufungsverhandlung ohne den Angeklagten
OLG Hamburg 1 – 25/13 REV 1 Ss 68/13 (03.12.2013)
Das Landgericht Hamburg hat die Berufung eines Angeklagten verworfen, weil der Angeklagte nicht zur Hauptverhandlung erschienen war. Der Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten war anwesend. Das Oberlandesgericht (OLG) bestätigte, dass das Landgericht die Berufung aus diesem Grund verwerfen durfte.
Diese Rechtsfrage ist umstritten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat entschieden, dass die Berufung nicht wegen der Abwesenheit des Angeklagten verworfen werden darf, wenn der Verteidiger des Angeklagten anwesend ist. Das OLG Hamburg hält die Verwerfung der Berufung für zwingend, weil die Strafprozessordung nicht EMRK-konform ausgelegt werden könne (EMRK = Europäische Menschenrechtskonvention). Eine EMRK-konforme Auslegung von § 329 StPO sei nicht mehr mit den Strukturprinzipien der Strafprozessordnung zu vereinbaren.
Falschbeurkundung im Amt durch TÜV-Sachverständigen
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg 1 Ss 202/12 (24.04.2013)
Der Angeklagte ist TÜV-Sachverständiger. Bei einem Klein-LKW stellte er laut Hauptuntersuchungsbericht bei drei Untersuchungen zwischen 2008 und 2010 die Ergebnisse „geringe Mängel“, „erhebliche Mängel“ und „ohne erkennbare Mängel“ fest. Dabei rechnete er in allen drei Fällen damit, dass das Fahrzeug erhebliche Mängel hat und nicht verkehrssicher ist. Es wurde jeweils vermerkt, dass eine Hauptuntersuchungsplakette nicht zugeteilt wurde.
Das Amtsgericht Hamburg verurteilte den Angeklagten wegen Falschbeurkundung im Amt zu einer Geldstrafe. Der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft legten Berufung gegen das Urteil ein. Das Landgericht Hamburg bestätigte die Verurteilung wegen Falschbeurkundung im Amt und erhöhte die Geldstrafe. Der Angeklagte legte Revision ein und beantragte einen Freispruch. Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg sah den Tatbestand der Falschbeurkundung im Amt nicht als erfüllt an und sprach den Angeklagten frei.
Die Erstellung unrichtiger TÜV-Gutachten erfüllt nicht den Tatbestand der Falschbeurkundung im Amt gemäß § 348 Abs. 1 StGB. Zwar ist der Angeklagte Amtsträger im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c StGB, jedoch ist nicht jede seiner urkundlichen Erklärungen tauglicher Gegenstand im Sinne von § 348 Abs. 1 StGB. Der öffentliche Glaube einer Urkunde erstreckt sich nicht auf alle Bestandteile. Nicht erfasst sind nämlich Werturteile und Tatsachen, die sich erst durch gedankliche Schlussfolgerungen ergeben. Das Gericht musste hier nicht entscheiden, ob mit der Zuteilung einer Prüfplakette der Tatbestand von § 348 Abs. 1 StGB erfüllt gewesen wäre.